Zwillinge, Drillinge, Liebespaare: Olympische Bande in Rio
Rio de Janeiro – Die Wahrscheinlichkeit, einen Olympia-Teilnehmer in der Familie zu haben, ist eher gering. Die Wahrscheinlichkeit, als Olympia-Teilnehmer mit einem weiteren Starter verbandelt zu sein, ist dagegen vergleichsweise hoch.
Zu diesem Schluss könnte ein Blick auf die zahlreichen Geschwister in Rio verleiten. Nimmt man Lebenspartner noch hinzu, ergibt sich das Bild einer eng verflochtenen Olympia-Familie.
Einige Beispiele:
ROBERT HARTING UND CHRISTOPH HARTING: Die Diskuswerfer und Goldmedaillen-Gewinner sind ungleiche Brüder. Eine enge Beziehung wird ihnen nicht nachgesagt. Ihr Trainer Torsten Lönnfors hat beobachtet: «Die beiden sind zwei völlig unterschiedliche Typen. Völlig unterschiedliche Persönlichkeiten mit unterschiedlichen Sichtweisen, Herangehensweisen.» In Rio löste Christoph seinen Bruder als Olympiasieger ab. Robert schrieb daraufhin auf Facebook: «Hey kleiner Bruder, der Generationenwechsel ist eingeleitet. Ich freue mich extrem für dich.»
ROBERT HARTING UND JULIA FISCHER: Nicht nur mit seinem Bruder, auch mit seiner Freundin ist Robert Harting gemeinsam in Rio. Julia Fischer ist ebenfalls Diskuswerferin. Ein gemeinsames Zimmer gebe es im olympischen Dorf aber nicht, erzählte Fischer der «Bild». «Das machen wir nie so, auch bei keinem Wettkampf.» Man sei zwar schon mal zusammen im Trainingslager, «aber es ist nicht so, dass wir Händchen haltend durch die Gegend laufen oder rumknutschen».
LEILA, LIINA UND LILY LUIK: Die Drillinge aus Estland liefen in Rio beim Marathon mit – das beste Ergebnis erreichte Lily als 97. Die Aufmerksamkeit war den 30-Jährigen schon vor ihrem Wettkampf gewiss. Auch in der estnischen Mannschaft: Dort gebe es ein beliebtes Ratespiel «Wer ist wer?», verriet ihr Trainer Harry Lemberg. Mit überschaubarem Erfolg: «Manche machen nicht mal einen Punkt.»
ANNA UND LISA HAHNER: Zur Marathon-Konkurrenz der Drillinge gehörten die deutschen Hahner-Zwillinge. Sie liefen als 81. und 82. gemeinsam ins Ziel. Auch sie haben übrigens Probleme, die Luiks auseinander zu halten. «Manchmal läuft uns eine über den Weg. Da schauen wir uns an und fragen: War das jetzt Lily?», sagte Anna. Schneller als die «Hahner Twins» war dann auch noch ein anderes Zwillingspaar: Hye-Song und Yhe-Gong Kim aus Nordkorea kamen als Zehnte und Elfte ins Ziel Sambódromo.
OLIVIA, KEVIN, JONATHAN UND DYLAN BORLEE: Vier Läufer aus einer Familie bei Olympia – die Borlees machen es möglich. Das Quartett gilt in Belgien als Medaillenhoffnung. Der 28 Jahre alte Kevin ist 400-Meter-Läufer und tritt gemeinsam mit seinem Zwillingsbruder Jonathan und dem 23 Jahre alten Dylan bei der 4×400-Meter-Staffel an. Jonathan läuft auch die 200 Meter und Olivia in der Staffel über 4×400 Meter. Die 30-Jährige war in Rio Belgiens Fahnenträgerin.
ROBERT UND GINTARE SCHEIDT: Die segelnden Eheleute sind ein Super-Paar – der Brasilianer Robert hat bereits fünf olympische Medaillen, davon zwei goldene, seine litauische Frau Gintare gewann 2008 Silber und trug in Rio für ihr Land bei der Eröffnungsfeier die Fahne. Gemeinsam hat das Paar zwei Söhne.
LARS UND SVEN BENDER: Die Zwillinge spielen für die deutschen Fußballer in Brasilien. Lars bezeichnete das als eine «attraktive Nummer»: «Dass wir das zusammen erleben, ist natürlich genial, das freut uns. Es war immer unser Ziel, noch einmal zusammen zu spielen.» Gemeinsam hatten sie ihre Karrieren einst bei 1860 München begonnen.
ASHTON EATON UND BRIANNE THEISEN-EATON: Der US-Zehnkämpfer und seine kanadische Frau, die im Siebenkampf antrat, hatten jeweils eine Goldmedaille angepeilt. Klappte nicht: Theisen-Eaton wurde Dritte, ihr Mann startet noch. «Wir unterstützen uns gegenseitig, so wächst man als Paar auch zusammen», sagte Eaton. Beide trainieren in Oregon und nennen sich scherzhaft «Team North America».
CATE UND BRONTE CAMPBELL: Die Schwimmerinnen aus Australien verpassten über 100 Meter Freistil eine Medaille jeweils knapp – Bronte wurde Vierte und Cate Sechste. In der Staffel lief es besser: Über 4 x 100 Meter Freistil holten sie gemeinsam Gold.
RAPHAEL HOLZDEPPE UND SOSTHENE MOGUENARA: Für die beiden geht es hoch hinaus und weit nach vorn – zumindest mit Blick auf ihre Disziplinen Stabhochsprung (Holzdeppe) und Weitsprung (Moguenara). Beide gehen nicht in Topform in die Wettkämpfe. Holzdeppe scheiterte schon in der Qualifikation.
ERIK HEIL UND VICTORIA JURCZOK: Die beiden Segler sind als unverheiratetes Paar in Rio – aber was ist schon eine Hochzeit gegen eine gemeinsame Olympia-Qualifikation? So sagte Heil nach der gleichzeitigen Quali jedenfalls: «Was für ein geiler Moment. Das ist ja besser als Heiraten, oder?»
RABIA UND TAHIR GÜLEC: Den beiden Startern im Taekwondo werden Medaillenchancen eingeräumt – Tahir ist Weltmeister 2013, Rabia aktuelle EM-Dritte. «Ich habe noch nie einen Gülec gesehen, der schlecht ist», sagte Rabia den «Nürnberger Nachrichten». Auch Sümeyye Manz, frühere Gülec und Schwester der beiden, ist Taekwondo-Kämpferin. Sie war bei Olympia 2008 in Peking dabei.
INES BOUBAKRI UND ERWANN LE PECHOUX: Die Tunesierin Boubakri hat Bronze im Fechten gewonnen – die bislang einzige Medaille für ihr Land. Nach ihrem Sieg küsste sie ihren Ehmann Le Péchoux, der im ebenfalls im Fechten für die französische Mannschaft Silber holte. Der Kuss löste in Tunesien viel Kritik von Konservativen aus.
MAIALEN CHOURRAUT UND XABIER ETXANIZ: Die Slalom-Kanutin aus Spanien gewann Gold im Kajak-Einer. Ihr Ehemann ist gleichzeitig ihr Trainer. Vor vier Jahren in London hatte Chourraut bereits Bronze geholt.
STEFAN FEGERL UND LI QIANGBING: Die Tischtennisspieler aus Österreich sind verheiratet und haben einen Sohn, Louis. Fegerls Schwiegervater ist der in China bekannte Trainer Li Xiaodong.
MICHELLE UND KATHERINE PLOUFFE: 2012 musste Katherin ihrer Zwillingsschwester noch zuschauen. Diesmal standen die beiden kanadischen Basketballerinnen gemeinsam auf dem Platz. «Damals war das wirklich hart für sie», sagte Michelle. «Aber sie hat mich unterstützt. Es ist gut, sie jetzt hier zu haben.»
SANNE UND LIEKE WEVERS: Auch die holländischen Turnerinnen haben Zwillinge im Team. Sie nahmen zusammen am Team-Finale teil und wurden dort Siebte.
ALISTAIR UND JONATHAN BROWNLEE: Der ältere Alistair (28) ist Triathlon-Olympiasieger von London, der jüngere Jonathan (26) war 2012 Dritter. Beide zählen auch in Rio zu den Favoriten.
HANDBALL-BRÜDER: Henrik und Rene Toft Hansen für Dänemark, Bartosz und Michal Jurecki für Polen, Nikola und Luka Karabatic für Frankreich – bis auf Letzteren haben alle Bundesliga-Erfahrung. Nikola Karabatic und Rene Toft Hansen spielten beim THW Kiel, Henrik Toft Hansen früher beim HSV Hamburg und jetzt für die SG Flensburg-Handewitt, Bartosz Jurecki früher beim SC Magdeburg und Michael Jurecki früher beim HSV Hamburg und dem TuS N-Lübbecke.
RUGBY-BRÜDER: Zum Olympia-Debüt der Sportart in der Siebener-Variante waren gleich sieben Geschwisterpaare nominiert. Die Brüder Rieko und Akiro Ioane sowie Sonny Bill Williams und seine Schwester Niall für Neuseeland, die Brüder Collins Injera und Humphrey Kayange für Kenia, Barbara Pla und ihr Bruder Pol für Spanien, Nicole und Sharon Acevedo für Kolumbien sowie die zwei Brüderpaare Felipe und Daniel Sancery und Lucas und Moises Duque für Gastgeber Brasilien.
HOCKEY-GESCHWISTER: Die deutschen NationalspielerInnen Timur und Selin Oruz, Tobias und Franzisca Hauke, Mats und Tom Grambusch – auch Hockey ist häufig eine familiäre Angelegenheit. Trainer Valentin Altenburg und Spielerin Lisa sind verheiratet. Bei Argentinien ist Gonzalo Peillat mit Agustina Habif zusammen, deren Schwester Florencia auch mitspielt. Im Team der Britinnen spielt mit Kate und Helen Richardson-Walsh ein Ehepaar.
SERENA UND VENUS WILLIAMS: Die erfolgreichen Tennis-Schwestern gehören sicher zu den bekanntesten Geschwistern der Olympia-Geschichte. Drei Mal holten sie im Doppel die Goldmedaille – dazu jede einmal im Einzel. In Rio scheiterten sie im Doppel aber schon in der ersten Runde. Auch im Einzel gab es diesmal keine Williams-Medaille. Venus gewann im gemischten Doppel noch Silber.
Fotocredits: Rainer Jensen,Michael Kappeler,Sebastian Kahnert,Sebastian Kahnert,Barbara Walton,Srdjan Suki,Dean Lewins
(dpa)