Zehnkämpfer Kazmirek «hat’s drauf»: Zweiter hinter Eaton
Rio de Janeiro – Kai Kazmirek hätte sich beinahe übergeben und wollte nur noch ins Bett. Hundeelend fühlte sich der 25-Jährige von der LG Rhein-Wied nach dem abschließenden 400-Meter-Lauf und dem ersten Tag des olympischen Zehnkampfes in Rio de Janeiro.
Keine Interviews mehr, kein langer Blick zur Anzeigetafel. Dabei leuchtete dort sein Name an prominenter Stelle auf: Kazmirek geht mit 4500 Punkten als Zweiter hinter Topfavorit und Weltrekordler Ashton Eaton (4621) in den zweiten Tag bei den «Königen der Athleten».
Zuletzt hatte 1996 in Atlanta ein deutscher Zehnkämpfer so vorne mitgemischt: Frank Busemann führte sogar nach dem ersten Tag. Der Sunnyboy stürmte damals in die Öffentlichkeit, bis heute ist er einer der populärsten Leichtathleten. Am Ende gewann er Silber hinter US-Star Dan O’Brien. Kazmirek ist ein ganz anderer Typ: eher introvertiert, mehr pedantischer Arbeiter als junger Wilder, wie es Busemann damals war.
Im vergangenen Jahr gewann der Schützling von Trainer Jörg Roos das Traditionsmeeting in Götzis, das Wimbledon der Zehnkämpfer. Bei der WM in Peking wurde er dann nur Sechster. «Er hat immer gleichmäßige super Leistungen. Aber er bräuchte ein paar Ausrutscher nach oben, um weiter nach vorne zu kommen», sagte Willi Holdorf, der Olympiasieger von 1964, vor den Spielen in Rio.
Und die zeigte Kazmirek jetzt, wo es darauf an kam: Zum Beispiel einen Hausrekord von 7,69 Meter im Weitsprung und eine persönliche Bestzeit von 46,75 Sekunden auf der verhassten Stadionrunde. «Er hat sich sehr verausgabt», sagte Bundestrainer Rainer Pottel nach den 400 Metern. Mit einer Medaille wird es dennoch eng. «Er muss morgen überall an seine Bestleistung rankommen. Aber er hat’s drauf.»
Weltmeister Ashton Eaton, der mit 9045 Punkten den Weltrekord hält, kann wohl nur ein Verletzung auf seinem Weg zum zweiten Olympia-Gold nach 2012 aufhalten. Während der Amerikaner einen satten Vorsprung auf Kazmirek hat, drängen sich hinter dem Deutschen Vize-Weltmeister Damian Warner aus Kanada mit nur elf Zählern Rückstand und der Franzose Kevin Mayer (65 Zähler zurück). Beide haben normalerweise einen starken zweiten Tag.
Einen «Scheißtag» hatte der als Medaillenkandidat gehandelte Arthur Abele erwischt. Der schon so oft verletzte Ulmer fühlte sich «matschig» – und ging als 16. mit 4134 Punkten schlafen. Rico Freimuth hatte schon nach dem Vormittag seine Tasche gepackt: Der WM-Dritte des vergangenen Jahres gab wegen Rückenbeschwerden auf.
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(dpa)