Wie man ein bisschen dreist besser verreist
Berlin – Um es vorwegzuschicken: Es wird Menschen geben, die sich an einigen Stellen über diesen Text aufregen werden («Wenn jeder das so machen würde…»). Doch selbst wenn man sie nach der Lektüre hilfreich findet, wird niemals jeder diese Tipps beherzigen.
Der Grund, warum man sich auf Reisen, wenn möglich, einiger Schlupflöcher bedienen sollte? Rund 1,68 Milliarden Tage haben die Deutschen im Jahr 2017 laut BTW-Tourismusindex auf Reisen verbracht. Das entspricht nach Zahlen der FUR-Reiseanalyse etwa 70 Millionen Urlaubsreisen.
30 Prozent dieser Reisen hatten Deutschland zum Ziel, 70 Prozent gingen ins Ausland. An den 22 Flughäfen mit internationalem Verkehr checken inklusive der Geschäftsreisenden rund 240 Millionen Passagiere pro Jahr ein. Kurz gesagt: An den Flughäfen, aber auch an Bahnhöfen ist nicht nur in den Ferienzeiten der Teufel los. Wer sich immer brav hinten anstellt, nie mal clever oder auch etwas dreist ist, für den werden Reisen rasch zum Ärgernis.
Auf Flugreisen
Reist man als Paar oder sonst zu zweit, gilt: in den klassischen Dreierreihen von Boeing 737 und A320 immer den Fenster- und Gangplatz online reservieren. Die Wahrscheinlichkeit, dass andere Passagiere beim Online-Check-in freiwillig ihr Häkchen bei einem Mittelplatz setzen, ist gering, sofern eine extrem hohe Auslastung der Maschine sie nicht dazu zwingt. Zudem sollte man seine beiden Sitze möglichst weit hinten wählen, da diese Plätze von Reisenden, die am Zielort schnell loskommen wollen, gemieden werden.
Beim Einsteigen ins Flugzeug sollte man dann möglichst als Letzter boarden. Denn das beliebte Umsetzen in die letzten freien Reihen beginnt stets mit dem Zauberspruch «Boarding is completed». Besser also man selbst besetzt die vielleicht letzte freie Dreierreihe, bevor andere die Chance dazu nutzen. Die tatsächliche Sitzplatznummer auf Ihrem Ticket ignorieren Sie dabei – denn nichts ist besser, als eine ganze Reihe für sich allein.
Wer sich traut, weitet diesen kurzentschlossenen Schachzug für mehr Komfort noch auf die oft freibleibenden Sitze mit mehr Beinfreiheit an den Notausstiegen über den Tragflächen aus. Diese Sitze bleiben häufig leer, weil die Airlines dafür 10 bis 60 Euro pro Strecke extra verlangen, eine Ticketkontrolle im Flieger entfällt aber in der Regel. Zugegebenermaßen mit Glück winkt den letzten Passagieren beim Einsteigen eine neue Bordkarte: ein Upgrade in die Business Class. «Über das ganze Jahr und alle Strecken hinweg kann man davon ausgehen, dass ein Flugzeug mit rund zehn Prozent überbucht wird», weiß David Haße, Herausgeber des Flugnachrichtendienstes airliners.de.
Auf Bahnreisen
Der Mensch ist ein Herdentier. Und auf Reisen, also in für vielen nicht alltäglichen Umständen, orientiert er sich noch mehr an der Masse, die ihm scheinbar den richtigen Weg weist. Tut sie aber nicht. Zu beobachten ist das an Bahnsteigen besonders anschaulich. Mehr als die Hälfte aller Fahrgäste, die einen IC oder ICE besteigen möchten, knüppelt sich im mittleren Bereich der Einstiegszone. Regel Nummer eins beim Einsteigen ohne Sitzplatzreservierung lautet also: Entferne dich von der Gruppe. Zweitens: Werfe einen Blick auf die Reihenfolge der Wagen und wähle die Waggons mit möglichst großem Abstand zum Speisewagen. Denn vor und hinter dem Speisewagen liegen jene Zugteile, in denen die meisten Menschen ihre Plätze reservieren – oder sie als guten Service reserviert bekommen.
Doch auch wer vorher reservieren will, kann clever sein und die Preise für Ticket und Sitzplatzreservierung mit denen auf der Website der tschechischen Bahn vergleichen. Die Seite lässt sich auf Deutsch umstellen und Züge innerhalb Deutschlands buchen. Die Zugbindung entfällt oft, und die Preise liegen immer wieder unter DB-Niveau.
Auf Städtereisen
Die Taxivereinigungen der großen Städte stemmen sich seit Jahren gegen den US-Fahrdienst Uber. In Frankfurt/Main, Berlin, Hamburg und München gab es bereits Prozesse – und teilweise bis heute bestehende Verbote. Die privaten Fahrer, von Kunden über eine Smartphone-App direkt angefunkt, dürften also vielerorts gar nicht mehr auf den Straßen sein. Nach eigenen Angaben ist Uber mit geändertem Geschäftsmodell aber weiterhin als Chauffeurdienst in vielen europäischen Städten verfügbar. Denn die Realität ist folgende: Allein die drei Millionen Nordamerikaner, von denen viele Uber aus ihren Heimatstädten kennen, wissen nichts von den hiesigen Verboten und ordern daher mit größter Selbstverständlichkeit ihr Uber-Taxi. Ubers Preise sind allerdings dynamisch. Es gibt keine festen Tarife. Brauchen vielen Menschen einen Fahrer, steigt der Preis.
Ein weiterer Tipp in Sachen Städtereisen: die Hotelbuchung. Viele deutsche Hoteliers arbeiten eng mit Portalen wie Booking.com, HRS und Expedia zusammen. Jede vierte Buchung kommt über diese Portale, davon laut Dehoga-Bundesverband 60 Prozent allein über Booking.com. Die Best-Preis-Klausel für die Portale konnte zwar gerichtlich gekippt werden, doch trauen sich die wenigsten Hoteliers, die Preise der Portale öffentlich auf der eigenen Website zu unterbieten. Ein Anruf bei der Wunschunterkunft bewirkt daher oft eine Veränderung: Viele Hoteliers räumen bei telefonischer Buchung gerne bis zu 10 Prozent Rabatt ein, um sich die 15 bis 19 Prozent Vermittlungsprovision an die Portale zu sparen. Eine Win-win-Situation für Hotelier und Gast.
Fotocredits: Christian Charisius
(dpa/tmn)