Wie Kreuzfahrer von sinkenden Preisen profitieren
Berlin – Die «Aida Nova»: 2500 Kabinen. Die «Mein Schiff 2»: knapp 3000 Betten. Innerhalb weniger Wochen gingen die beiden Schiffe im vergangenen Jahr an den Start. Weitere Ozeanriesen folgten.
Die Reedereien wollten ihre Kreuzfahrtschiffe natürlich nicht halbleer auf die Weltmeere schicken. Sie haben dafür kräftig an der Preisschraube gedreht und Nachlässe gewährt.
Eine Woche Mittelmeer inklusive Flug für 399 Euro, eine Woche Emirate für 599 Euro: Solche Preise waren 2019 keine Seltenheit. Gute Nachrichten für die Passagiere. Geht es 2020 so weiter?
Riesenschiffe wollen gefüllt werden
«2019 war ein Sonderjahr», sagt Detlev Schäferjohann, Geschäftsführer des Buchungsportals E-hoi. Aida Cruises und Tui Cruises, die zusammen rund 75 Prozent des deutschen Marktes abdecken, hätten ihre Kapazitäten massiv erhöht. Dadurch wiederum dürften die Passagierzahlen deutlich zweistellig gewachsen sein.
«Die natürliche Nachfrage konnte aber nicht ganz mit der Kapazitätssteigerung mithalten. Deshalb haben die Volumenanbieter Preisanreize gesetzt», erläutert Schäferjohann. Bei E-hoi spricht er von im Durchschnitt rund fünf Prozent niedrigeren Preisen 2019.
«Ohne jeden Zweifel sind die Preise unter Druck geraten, vor allem durch den Bau immer größerer Schiffe», bestätigt Wolfgang Fäth vom Buchungsportal Kreuzfahrten.de. Allerdings sieht er sinkende Preise nicht auf breiter Front. Ja, es gebe Sonderangebote. Aber oftmals ließen sich Kunden davon anlocken, buchten aber doch für einen höheren Preis, etwa eine Balkon- statt der beworbenen Innenkabine.
Die Reedereien nennen nur teilweise konkrete Zahlen: Die Tui AG hat für ihre Tochter Tui Cruises einen durchschnittlichen Tagespreis von 174 Euro veröffentlicht – ein Minus von vier Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Auslastung blieb unverändert bei 101 Prozent, obwohl die Zahl der Schiffe erhöht wurde. Aida Cruises nannte keine Zahlen. Costa, MSC und Co. konnten sich laut Schäferjohann dem niedrigeren Preisniveau nicht entziehen.
Die Preise ziehen nicht wieder an
Abgekoppelt von der allgemeinen Preisentwicklung scheint das Luxus- und Expeditionssegment zu sein. Hapag-Lloyd Cruises, der Marktführer in diesem Bereich in Deutschland, hat seine durchschnittlichen Preise laut Tui-Geschäftsbericht sogar von 615 auf 641 Euro gesteigert. «Wir reden zu viel über die großen Schiffe», sagt Wolfgang Fäth. Bis 2027 würden rund 100 neue Schiffe in Dienst gestellt, davon viele Luxus- und Expeditionsschiffe. «Hier gibt es überhaupt keinen Preiskampf.»
Laut Schäferjohann hat sich die Entwicklung sinkender Preise im Massenmarkt auch im Januar fortgesetzt. Insgesamt erwartet er für 2020 stabile, vielleicht leicht steigende Preise. Die großen deutschen Reedereien stellen keine neuen Schiffe in Dienst.
Wo Passagiere derzeit besonders sparen können
Grundsätzlich ist es für die Reedereien immer am schwierigsten, ihre Schiffe im Oktober, November und Dezember zu füllen. «In den Randsaisons sind die Preise besonders stark gefallen», sagt Schäferjohann. Aber selbst im Nordland oder in der Ostsee, wo die Preise in der Regel am höchsten sind, habe es Rückgänge gegeben.
Wer sich mit Blick auf das laufende Jahr für eine Kreuzfahrt interessiert, kann also derzeit mit attraktiven Preisen rechnen, ob im Nordland und in der Ostsee oder auch im Mittelmeer.
Es gibt aber noch einen Effekt: Sinken die Reisepreise, versuchen die Reedereien das über höhere Einnahmen an Bord auszugleichen. Dieser «Onboard Revenue» – also etwa Ausflüge, Getränke und Spa-Behandlungen – ist teilweise deutlich angestiegen. Der Urlauber gibt das Geld, das er bei der Buchung gespart hat, also offenbar an Bord aus.
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(dpa/tmn)