Wellinger jagt Gold und Weißflog – «Alles ist möglich»
Pyeongchang – Wenige Stunden nach seiner nächsten olympischen Medaille schaltete Andreas Wellinger schon wieder voll auf Angriff.
Der hungrige Überflieger will sich mit Gold und Silber bei den Spielen von Pyeongchang nicht zufrieden geben, sondern nun auch seine Adler-Kollegen im Teamwettbewerb zum Olympiasieg führen. «Alles ist möglich!», kündigte Wellinger an. Zwischen Silber, Siegerehrung und dem nächsten Training ließ es sich der neue Anführer nicht nehmen, vom Podest des Deutschen Hauses noch einmal an seine Mitstreiter zu appellieren. «Ich weiß, dass wir um die Medaillen kämpfen können.»
Mit einer weiteren Goldmedaille bei der Team-Entscheidung am Montag (13.30 Uhr/MEZ) würde der 22 Jahre alte Bayer mit Jens Weißflog als erfolgreichstem deutschen Adler bei Olympia gleichziehen. Für eine große Party nach Silber von der Großschanze hinter dem polnischen Allesgewinner Kamil Stoch war also keine Zeit, stattdessen geriet sofort die nächste Gold-Chance ins Visier.
«Das ist ein Riesenerfolg für das ganze Team. Aber wir wollen jetzt die Spannung hochhalten, denn im Teamspringen ist von der Papierform noch einiges drin», forderte auch Bundestrainer Werner Schuster, der sich «riesig» für seinen derzeitigen Top-Schützling freute. Wellinger präsentierte sich am Tag zwischen Silber und Team-Herausforderung ganz entspannt. «Dass es im Wettkampf funktioniert hat, ist das Schönste», sagte er am Sonntag. Das Training am Abend konnte er mit gutem Gefühl auslassen, seine Abstimmung passt.
Die Party am Abend zuvor hatte Wellinger diesmal deutlich früher beendet als nach seinem Gold-Coup, als es bis in die frühen Morgenstunden ging. «Gediegen» wurde gefeiert, die Adler um Wellinger und Richard Freitag haben ja noch etwas vor. Mit zwei Einzelmedaillen hat der lässige Bayer die eigenen Erwartungen ohnehin schon massiv übertroffen. «Wenn mir jemand vorher gesagt hätte, dass ich Gold und Silber hole, hätte ich gesagt, träum‘ weiter», sagte Wellinger, für den nicht nur das Podest, sondern auch der ausgelassene Empfang im Deutschen Haus langsam zur Routine wird.
«Es ist echt überwältigend, was man alles erleben darf. Dass es bei den Spielen so funktioniert, ist echt unbeschreiblich. Ich habe den Aufwind genutzt und einen echt geilen Sprung runtergezogen», sagte der Ruhpoldinger, der im vergangenen Sommer nach München gezogen ist. Coach Schuster sieht nicht nur Wellinger selbst, sondern das ganze Skisprung-Team für eine großartige Saison jetzt schon belohnt. «Für uns ist das ein Riesenerfolg. Ich freue mich, dass der Junge so klar geblieben ist», sagte der Österreicher.
Auf Gold und den Tournee-Vierfachsieger Stoch fehlten in einem packenden Wettbewerb im Alpensia Nordic Park weniger als zwei Meter, die Norweger um Bronze-Gewinner Robert Johansson konnte Wellinger dafür klar distanzieren. Die Polen und vor allem die geschlossen starken Norweger werden auch die großen Rivalen sein, wenn es weniger als 48 Stunden danach im Quartett schon wieder um Edelmetall geht.
«Wir wollen immer mitmischen», kündigte Freitag, der erneut nur Neunter wurde, an. Neben ihm und Wellinger ist auch der Oberstdorfer Karl Geiger als Großschanzen-Siebter gesetzt. Der bisherige Ersatzmann Stephan Leyhe und Markus Eisenbichler müssen untereinander den letzten Platz für das Team ausmachen.
Lob für den neuen deutschen Skisprung-Star gab es auch von Martin Schmitt und Sven Hannawald. «Er hat schon fantastische Erfolge eingefahren, und es werden weitere folgen. Was er bisher erreicht hat, spricht auf jeden Fall für sich», sagte Schmitt der Deutschen Presse-Agentur. Der 40-Jährige, der die DSV-Adler 2002 in Salt Lake City als Schlussspringer zu Gold geführt hatte, ergänzte: «Aus meiner Sicht ist Andreas Wellinger ein ganz Großer, obwohl er erst 22 Jahre alt ist.»
Hannawald, vor Wellinger letzter deutscher Einzel-Medaillengewinner bei Olympia, betonte: «Es ist schön, wenn eine andere Generation dann wieder weiterlebt. Andreas stellt es auch bei den Höhepunkten unter Beweis, das ist toll zu sehen.» Schon 2014 hatte Wellinger im Team Gold gewonnen. Wenn es am Montag um die Titelverteidigung geht, ist er der einzig Verbliebene. Dann winkt schon bei Bronze ein Novum für die Schanzen-Asse: Zum ersten Mal in der knapp zehnjährigen Ära unter Coach Schuster könnten die DSV-Adler beim gleichen Großereignis Edelmetall im Einzel und im Team gewinnen.
Fotocredits: Daniel Karmann
(dpa)