Wege und Sicherheit: Mit dem Fahrrad unterwegs
Friedrichshafen – Fahrradfahren ist Trend, sagen Experten. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes stehen in deutschen Haushalten rund 68 Millionen Fahrräder – und etwa 80 Prozent der Menschen in Deutschland besitzen ein Rad, wie es beim Bundesverkehrsministerium heißt.
Immer mehr Menschen steigen demnach gerne in den Sattel – aber ein paar Fragen muss man sich als Radler in Deutschland noch stellen:
Wie gut ist es eigentlich um die Radwege in Deutschland bestellt?
Es geht, heißt es beim Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC). «Einige vorbildliche Fahrradstädte gibt es schon in Deutschland», sagt die Sprecherin des Vereins, Stephanie Krone. Dazu zählten etwa Karlsruhe und Potsdam. «In diesen Städten hat man verstanden, dass Fahrradfreundlichkeit ein Standortfaktor und mit hoher Lebensqualität verbunden ist.» Durchgängige Radwegenetze, breite und gepflegte Radspuren, sichere Abstellplätze und ein fahrradfreundliches Verkehrsklima seien in Deutschland aber bislang eher die Ausnahme.
Dass an dieser Stelle noch mehr getan werden muss, hat auch das Bundesverkehrsministerium erkannt: Nach Angaben der Behörde wurden die Mittel für die Radverkehrsförderung 2016 auf mehr als 100 Millionen Euro aufgestockt. «98 Millionen Euro stehen allein für den Radwegebau und die Erhaltung an Bundesstraßen zur Verfügung», schreibt der Parlamentarische Staatssekretär Norbert Barthle im Fahrradmonitor 2015.
Wie sicher ist das Fahrradfahren?
Auch hier gibt es Verbesserungspotenzial: 2015 starben nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 383 Radfahrer – nach 396 im Vorjahr zwar ein leichter Rückgang. Doch im Mehrjahrestrend sinken die Zahlen nicht. Der Radfahrer-Anteil an den Verkehrstoten ist seit 1991 von 8 auf 11 Prozent gestiegen. «Die schlimmsten Ärgernisse für Radfahrer sind zugeparkte, mit Pollern, Werbetafeln oder Baustellen versperrte Radwege», sagt Krone. «Genauso gruselig: Die täglich erlebte, lebensgefährliche Zumutung, von Autos nur mit Haaresbreite überholt und womöglich auch noch angehupt zu werden.»
Auf die Sicherheit der Radler haben sich auch einige Unternehmen spezialisiert, die ihre Neuheiten seit Mittwoch bei der Radmesse Eurobike in Friedrichshafen am Bodensee präsentieren: So hat ein Hersteller beispielsweise ein System entwickelt, dass die Breite des Fahrrads anzeigen soll. Dabei werden die Leuchten außen am Lenker montiert und projizieren entsprechende rote Linien auf den Boden.
Ob solche Systeme in Deutschland überhaupt zugelassen werden, ist laut Branchenexperte Gunnar Fehlau aber unklar: «Der deutsche Gesetzgeber hat eine sehr strikte Regelung für die Beleuchtung», sagt Fehlau. Manchmal gebe es Lösungen von Unternehmen, die sehr spannend seien, aber in Deutschland schlicht nicht erlaubt.
Reisen mit dem Rad – ist das noch zeitgemäß?
Es sei sogar Trend, sagen Tourismusverbände. Allein Baden-Württemberg – dort wurde vor 200 Jahren der Vorläufer des Rades entwickelt – zählt jährlich 14 Millionen Tagesausflügler auf dem Rad und 3,2 Millionen Übernachtungen durch Radreisende. Das geht aus einer Radstrategie hervor, die das Stuttgarter Verkehrsministerium im Februar 2016 veröffentlicht hat. Die Radtouristen generierten demnach rund 860 Millionen Euro Nettowertschöpfung pro Jahr. Damit sichere der Radtourismus rund 25 000 Arbeitsplätze in Baden-Württemberg.
Auch die Unternehmen stellten sich auf Radler ein, sagt ein Sprecher des Tourismusverbandes in Stuttgart. So gebe es etwa 731 Betriebe mit dem Siegel «Bett+Bike», die sich auf die Bedürfnisse von Radfahrern spezialisiert hätten. Das Qualitätssiegel des ADFC garantiere unter anderem, dass das Fahrrad sicher untergestellt werden kann.
Deutschlandweit wurden 2006 laut Deutschem Tourismusverband 153 Millionen Tagesreisen mit Fahrrad gezählt – und rund 22 Millionen Übernachtungen. Neuere Daten gibt es noch nicht.
Unterstützen Radler die lokale Wirtschaft?
Ja. Vor allem den ländlichen Raum, sagt DTV-Sprecherin Iris Hegemann. Die Radfahrer bewegten sich zudem langsamer in der Region – und blieben länger dort. «Außerdem sind sie sehr ausgebefreundlich», sagt Hegemann. Wenn es entsprechende Angebote etwa von Gasthäusern, dem örtlichen Einzelhandel oder touristischen Attraktionen vor Ort gebe, werde das gerne angenommen. «Viele Radtouristen haben auch ein höheres Einkommen – und es sind keine Sparfüchse unterwegs.»
Fotocredits: Uli Deck
(dpa)