VW T-Roc im Test: Der Golf fürs Grobe

Berlin (dpa-infocom) – Mit dem Timing hat VW so seine Probleme. Als die Niedersachsen in den 1990ern den Golf Country brachten, wollte von aufgebockten Kompakten noch keiner etwas wissen. Als zwei Jahrzehnte später alle nach handlichen Kreuzungen aus Pkw und Geländewagen riefen, musste VW passen.

Jetzt schließt der träge Tanker die Lücke und stellt dem Tiguan im November für mindestens 20 390 Euro den T-Roc zur Seite. Der ist nicht nur 25 Zentimeter kürzer und 6000 Euro billiger. Er ist vor allem das frischere und frechere Auto und dabei so mutig und munter wie schon lange kein VW mehr vor ihm.

Mit Ecken und Kanten gegen die Langeweile

Das ist umso erstaunlicher, wenn man die Basis des Nachzüglers kennt. Denn auch der 4,23 Meter lange T-Roc stammt aus dem modularen Querbaukasten und ist damit ein enger Verwandter des VW Golf.

Während der allerdings auf der Suche nach dem größten gemeinsamen Nenner aller Kundenwünsche bis zur ultimativen Langeweile perfektioniert wurde, gibt der T-Roc den Revoluzzer und leistet sich ein paar Ecken und Kanten – und das kann man beim markanten Design mit dem aggressiven Gesicht, der sportlichen Silhouette und dem wie bei einem Coupé nach weit nach vorn geneigten Heck ruhig wörtlich nehmen.

Mut zur Farbe

Mehr noch als mit der Form überrascht der T-Roc aber mit seiner Farbe. Denn zum ersten Mal seit dem Polo Harlekin und vielleicht dem Beetle beweist VW mal wieder etwas Mut und gönnt dem Golf fürs Grobe ein paar provozierende Töne.

Als wären Curcuma Yellow oder Energetic Orange nicht poppig genug, gibt es über der markanten Chromspange entlang der Fensterlinie auf Wunsch auch noch Kontrastfarben für das Dach sowie ein paar bunte Kunststoffkonsolen und Ziernähte für den Innenraum. Das ergibt laut VW mehr als 80 Kombinationen und macht den T-Roc buchstäblich zu einem Auto für Individualisten und damit zum krassen Gegenteil des Golfs.

Erfrischendes Fahrverhalten

Aber der T-Roc sieht nicht nur erfrischend aus, er fährt auch so. Zumindest, wenn man ganz oben in der Motorpalette einsteigt. Nicht umsonst krönt VW die jeweils drei Diesel und Benziner in beiden Lagern mit einem 140 kW/190 PS starken 2,0-Liter, der ordentlich zur Sache geht: Als Benziner entwickelt er 320 Newtonmeter, hängt gierig am Gas und fühlt sich viel sportlicher an, als ein Sprintwert von 7,2 Sekunden und ein Spitzentempo von 216 km/h vermuten lassen.

Erst recht, wenn die adaptiven Dämpfer, das Doppelkupplungstriebe und die Lenkung im sportlichsten Fahrprofil sind. Dann liegt die Betonung bei diesem SUV auf Sport und man kann gut verstehen, weshalb sie bei VW schon mit einer R-Variante liebäugeln. Die würde jedenfalls besser zum jungen Wilden passen als die Basis-Motoren mit je 85 kW/115 PS.

Lieber cool als Kompromisse

Anders als die VW-Modelle für die Volumensegmente erlaubt sich der T-Roc sogar ein paar Schwächen und steht auch noch dazu. Im Fond zum Beispiel geht es unter der schrägen Heckscheibe und dem flachen Dach deutlich enger zu als im braven Golf.

Und nach der verschiebbaren Rückbank aus dem praktischen Tiguan sucht man im T-Roc ebenfalls vergebens. Immerhin fasst der Kofferraum 445 Liter Gepäck, die man aber erst einmal über eine relativ hohe Ladekante heben muss.

Umfangreiche Ausstattung

Keine Abstriche macht VW dagegen bei der Ausstattung: Weil sie die Sache mit dem SUV ernst nehmen, gibt es für die mittlere Leistungsstufe mit jeweils 110 kW/150 PS optional und für die Spitzenvarianten serienmäßig Allradantrieb.

Zudem zielt der T-Roc auf die Generation Smartphone. Deshalb kann man zum großen Touchscreen in der Mittelkonsole auch digitale Instrumente bestellen. Und dank der Nähe zum Golf gibt es von den LED-Scheinwerfern bis zur automatischen Abstandsregelung auch sonst fast alle Optionen.

Hohe Preise

Viel Hightech, reichlich Schminke und ambitionierte Antriebe – das hat natürlich seinen Preis. Der Grundtarif von 20 390 Euro erscheint erstmal attraktiv, weil er nur 1000 Euro über einem vergleichbaren Golf liegt.

Doch das Vergnügen kann oben raus teuer werden: Schon ohne Extras steht das Topmodell mit 30 800 Euro in der Liste, und wenn man alle Kreuzchen macht, sind die 40 000 Euro nicht mehr weit. Wenigstens da ist der T-Roc ein VW wie jeder andere.

Fazit: Der Golf der Hipster

VW ist mit dem T-Roc endlich mal wieder ein frisches und freches Auto gelungen. Damit hat der Nachzügler gute Chancen, das Feld erfolgreich von hinten aufzurollen. Doch mit seinem Zuschnitt wird er nicht nur Konkurrenten wie dem Opel Mokka, dem Kia Stonic oder dem Seat Atec gefährlich. Als hippe Alternative zum gewöhnlichen Kompakten dürfte er auch gehörig am Thron des Golf rütteln.

Datenblatt: VW T-Roc 2.0 TSI

Motor und Antrieb: Vierzylinder-Turbo-Benzindirekteinspritzer
Hubraum: 1984 ccm
Max. Leistung: 140 kW/190 PS bei 4180 – 6000 U/min
Max. Drehmoment: 320 Nm bei 1500 – 4180 U/min
Antrieb: Allradantrieb
Getriebe: 7-Gang-Doppelkupplungsgtriebe
Maße und Gewichte
Länge: 4234 mm
Breite: 1819 mm
Höhe: 1573 mm
Radstand: 2590 mm
Leergewicht: 1495 kg
Zuladung: 421 kg
Kofferraumvolumen: 445-1290 Liter
Fahrdaten
Höchstgeschwindigkeit: 216 km/h
Beschleunigung 0-100 km/h: 7,2 s
Durchschnittsverbrauch: 6,7 Liter/100 km
Reichweite: 820 km
CO2-Emission: 152 g/km
Kraftstoff: Super
Schadstoffklasse: EU6
Energieeffizienzklasse: k.A.
Kosten
Basispreis des VW T-Roc: 20 390 Euro
Grundpreis des VW T-Roc 2.0 TSI: 30 800 Euro
Typklassen: k.A.
Kfz-Steuer: 154 Euro/Jahr
Wichtige Serienausstattung
Sicherheit: Sechs Airbags, City-Notbeemsassistent, Spurhalte-Assistent, Allradantrieb
Komfort: Klimaanlage, Infotainmentsystem, Zentralverriegelung
Spritspartechnik: Start-Stopp-Automatik

Alle Daten laut Hersteller, GDV, Schwacke

(dpa)
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