Von Ismaik-Rettung zum Absturz: Chronologie des 1860-Chaos

München – Im Frühjahr 2011 stand 1860 München bereits vor dem Aus – erst Investor Hasan Ismaik bewahrte die «Löwen» durch seinen millionenschweren Einstieg vor der Insolvenz. Der Jordanier erschien in Giesing als strahlender Retter.

Er hatte Visionen von der Rückkehr in die Fußball-Bundesliga und sogar einem Angriff auf die besten Vereine Europas um den Stadtrivalen FC Bayern und den FC Barcelona. An Aufstieg oder gar Königsklasse war bei den Sechzigern in den folgenden sechs Saison freilich nicht zu denken – im Gegenteil: In dieser Woche stieg 1860 sogar aus der 2. Fußball-Bundesliga ab.

Das 1860-Drama in sechs Akten:

2011/12

Euphorisiert vom Einstieg des Geschäftsmannes aus Abu Dhabi werden erste Dissonanzen zwischen Investor und Verein noch großteils wegmoderiert. «Wir haben klar gesagt, dass wir als Team erfolgreich sein wollen», sagt der damalige Geschäftsführer Robert Schäfer. Die Mannschaft unter Trainer Rainer Maurer spielt eine gute Saison, rangiert ab Spieltag drei bis zum Schluss auf einem einstelligen Tabellenplatz und verpasst als Sechster die Aufstiegsränge nur knapp.

2012/13

Auch die Spielzeit kann sich sportlich sehen lassen, 1860 landet wieder auf Rang sechs. Coach Maurer erlebt das aber schon nicht mehr als Verantwortlicher mit, er muss im November gehen. Nachfolger wird Alexander Schmidt, der international erfahrene Sven-Göran Eriksson soll ebenfalls einsteigen. Als der Schwede überraschend doch absagt, gibt Ismaik dem Präsidenten Dieter Schneider die Schuld. Es ist nicht der erste Angriff Ismaiks auf Schneider, der im März hinwirft.

2013/14

Nun probiert sich Gerhard Mayrhofer an der Spitze des TSV und wird von Ismaik erstmal als «Profi durch und durch» gelobt. In der Geschäftsleitung soll Markus Rejek als Finanzfachmann für neue Impulse sorgen, kurz vor Saisonende wird Gerhard Poschner für die sportliche Seite und vor allem Spielertransfers verpflichtet. Trainer Schmidt wird schon vor Herbstbeginn gefeuert und durch Friedhelm Funkel ersetzt. Als der seinen Weggang zum Saisonende verkündet, wird er im April freigestellt. Co-Trainer Markus von Ahlen übernimmt bis zum 34. Spieltag und führt die Münchner auf den siebten Platz.

2014/15

Die Ränge sechs, sechs und sieben sind Ismaiks Sechzigern zu wenig, also soll der Niederländer Ricardo Moniz endlich für den Aufstieg sorgen. «Wir werden Meister», tönt er. Doch der sportliche Niedergang nimmt Fahrt auf. Schon im September ist Moniz‘ Zeit vorbei, nach ihm versuchen sich erneut von Ahlen und ab Februar U21-Trainer Torsten Fröhling. Statt Aufstieg steht der Kampf gegen den Abstieg im Fokus, am Ende retten sich die «Löwen» erst in der Relegation gegen Holstein Kiel durch ein Tor in der Nachspielzeit des Rückspiels. Ismaik wird immer ungeduldiger, auch weil Poschners Transferpolitik grandios scheitert. Am Saisonende hört Präsident Mayrhofer auf, genervt vom «Kasperltheater» und der «Katzbuckelei» vor Ismaik, wie er sagt.

2015/16

Jetzt probiert es Interimspräsident Siegfried Schneider und geht auf Ismaik zu. Dessen Cousin Noor Basha, ein gelernter Apotheker, darf sogar Sport-Geschäftsführer werden und neben Finanzmann Rejek die Geschicke der Profis leiten. Neuer Manager wird Oliver Kreuzer. Auch Neu-Präsident Peter Cassalette wählt einen Kuschelkurs mit Ismaik. Sportlich läuft es wieder katastrophal: Die vier verschiedenen Trainer Fröhling, Benno Möhlmann, Daniel Bierofka und Denis Buschujew kriegen es wenigstens hin, als 15. nicht in die Relegation zu müssen.

2016/17

Cassalette ist inzwischen voll auf Ismaiks Linie eingeschwenkt und wirkt wie ein Erfüllungsgehilfe, ein Contra erscheint ihm offenbar zwecklos. Als Manager schafft Thomas Eichin bis zu seiner Beurlaubung gerade mal dreieinhalb Monate und wird ersetzt von einem gewissen Anthony Power, seines Zeichens Maschinenbauer und Ismaik-Vertrauter. Zwischendurch sorgt der Verein mit einem Presseboykott für Aufsehen. Mit dem Liverpool-Manager Ian Ayre hofft Ismaik ab April endlich auf internationales Flair, doch Ayre wirft nach zwei Monaten hin. Wieder verbraucht 1860 in einer Saison vier Trainer: Unter dem einstigen Champions-League-Coach Vitor Pereira steigt 1860 aus der 2. Liga ab.

Fotocredits: Andreas Gebert
(dpa)

(dpa)
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