Vom Bankdrücker zum Vorzeigeprofi: Die Wandlung von Hunt
Hamburg – Aaron Hunt war eigentlich komplett abgeschrieben in Hamburg. Die Kritiker waren sich einig: Der Mittelfeldmotor verlangsame die Vorwärtsbewegung des HSV statt sie anzutreiben.
Nur Ex-Trainer Bruno Labbadia stand fest hinter dem ehemaligen Bremer und lobte seine Fähigkeiten als Regisseur. Die Leistungsschwankungen, die der gebürtige Harzer schon an der Weser aufwies und die ihn in seiner Wolfsburger Zeit zum Bankdrücker machten, setzten sich an der Elbe nahtlos fort. Im Winter wollte der Großverdiener nur noch weg.
Der türkische Erstligist Trabzonspor interessierte sich für Hunt, der war auch wegen seiner türkisch-stämmigen Ehefrau nicht abgeneigt. Doch dann zerschlugen sich die Verhandlungen im Januar. Und plötzlich war Hunt nach guten Trainingsleistungen wieder im Gespräch.
«Er hat nie etwas Negatives ausgestrahlt. Ein Aaron Hunt in solch einer Verfassung ist natürlich Gold wert», sagt HSV-Sportchef Jens Todt nun. Auf einmal kann Hunt das Spiel sogar schneller machen. Seine feine Technik, mit der er Offensivaktionen einleitet, zog sowieso nie jemand in Zweifel.
Hunt selbst bewertet den Aufschwung nicht über: «Ich weiß, wie schnell es im Fußball nach unten oder nach oben gehen kann. Ich bin da völlig klar und kann meine Leistung gut einschätzen. Ich wusste immer, dass ich das Fußballspielen nicht verlernt habe.» Nun könnte der 30-Jährige, der noch einen Vertrags bis 2018 besitzt, sogar über den Sommer hinaus im Volkspark bleiben.
Trainer Markus Gisdol lobt den Routinier: «Ich finde, dass Aaron das klasse macht seit dem Winter. Er macht gute Spiele und gute Schritte vorwärts, es ist schön zu sehen. Es zeigt auch, was für Überraschungen im Fußball möglich sind.» Hunt hatte zuletzt sogar den Vorzug vor 14-Millionen-Euro-Verpflichtung Filip Kostic erhalten. Mit seiner Routine kann der Ex-Bremer besonders im Abstiegskampf, wenn manch jungem Profi vor 50 000 Zuschauern die Nerven versagen, helfen. «Wenn wir immer so auftreten wie gegen Hertha bin ich sicher, dass wir da unten rauskommen», sagt er.
Hunt könnte auch als Vorbild für Pierre-Michel Lasogga dienen. «Ich finde, ein Pierre-Michel Lasogga geht da gut mit um», sagt Todt zum Reservistendasein des Angreifers. Gisdol lässt zwar einen Kombinationsfußball spielen, in den der bullige Stürmer nicht unbedingt passt. Kollegen wie Bobby Wood und Michael Gregoritsch sind da deutlich im Vorteil. Aber es ist nicht ausgeschlossen, dass Lasogga noch seine Chance bekommt. «Momentan ist er hinten dran. Es zählt das Leistungsprinzip. Wenn er so weitermacht, wird er auch wieder wertvoll für uns werden und seine Tore machen», sagt Gisdol.
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(dpa)