VfB-Interimscoach angriffslustig: «Ständiges Online-Sein»

Stuttgart – Eines macht Nico Willig ganz schnell deutlich: Er hat keine Zweifel. Bei seiner Vorstellung als Interimstrainer des abstiegsbedrohten VfB Stuttgart geht der 38-Jährige in die Offensive.

«Es geht darum, eine ständige Angriffsbereitschaft zu entwickeln, ein ständiges Online-Sein», sagte der bisherige U19-Coach vor seinem ersten Auftritt am 27. April (18.30 Uhr/Sky) gegen Borussia Mönchengladbach. «Ich bin der festen Überzeugung, wenn mir das gelingt und wenn wir das auf den Platz bekommen, dann reicht es.»

Mut, klare Stimme und Angriffslust – der Fußballlehrer gibt dem taumelnden VfB schon bei seinem ersten öffentlichen Auftritt das zurück, was lange vermisst wurde: Zuversicht. Sechs Punkte trennen die Schwaben bei noch vier Spielen vom FC Schalke 04 auf dem ersten Nicht-Abstiegsplatz, lediglich einen Sieg holten sie in den vergangenen 15 Spielen unter Willigs glücklosem Vorgänger Markus Weinzierl. Und dennoch glaubt der Neue daran, dass es sogar ohne den Umweg Relegation noch klappen kann. «Ich glaube, mit dem Ziel, die Relegation zu sichern, gehen wir den falschen Weg», sagte er.

Aber wer ist Willig überhaupt? Als Spieler ist er nicht über die Oberliga hinaus gekommen. Als Trainer sammelte er fast ausschließlich Erfahrungen im Jugendbereich. Ein «sehr akribischer, eher ruhiger Trainer, der sehr detailversessen ist», sagte Hoffenheims Coach Julian Nagelsmann über ihn. Gemeinsam haben die beiden 2016 ihre Fußballlehrer-Lizenz in Hennef erworben. Nagelsmann sei eines seiner Vorbilder, sagte Willig am Mittwoch. Auch an emotionalen Trainern wie Jürgen Klopp oder Christian Streich orientiert sich der Familienvater.

«Die ersten Eindrücke von ihm sind sehr positiv. Ich fühle mich bestätigt in der Auswahl», sagt Stuttgarts Sportvorstand Thomas Hitzlsperger. Willig habe in der kurzen Zeit seit seiner ersten Einheit am Sonntag «Vieles eingebracht, was die Mannschaft braucht». Der Balinger führte etliche Einzelgespräche, noch am Sonntag nach dem ersten Training setzte er sich mit Mario Gomez, Kapitän Christian Gentner und Torhüter Ron-Robert Zieler zusammen. «Genauso wie ich versuche voranzugehen über Fleiß, Arbeit und Akribie, erwarte ich auch von den Führungsspielern, dass sie ihren Mitspielern wieder Energie geben», betonte er.

Das soll sich schon gegen Gladbach positiv auswirken. Wobei man sich nach dem jüngsten 0:6 beim FC Augsburg auch die Frage stellen kann, wie diese Mannschaft überhaupt noch einen Punkt in der Bundesliga holen will. Eine «Katastrophe» sei der desolate Auftritt in Augsburg gewesen, sagte VfB-Präsident Wolfgang Dietrich. Angesichts des fragwürdig zusammengestellten Kaders hatte Weinzierl zuletzt immer rat- und planloser gewirkt. Selbst erfahrene Akteure wie Ex-

Nationalspieler Gomez gaben zuletzt ein teilweise jämmerliches Bild ab. Willig will das ändern, indem er ihnen «Emotion und Energie» mitgibt. Aber nur bis zum Saisonende.

Dann wird er wieder die U19 übernehmen, die er an die Tabellenspitze der Bundesliga und ins Pokalfinale geführt hat. Das sei die gemeinsame Idee von ihm und Hitzlsperger gewesen, betonte er. «Ich habe mich nie danach verzehrt, so schnell es geht in diesen Profibereich reinzukommen», sagte er. Aber jetzt ist er plötzlich mittendrin – und steht vor einer immensen Herausforderung. «Aber man liebt als Trainer Herausforderungen.»

Fotocredits: Marijan Murat
(dpa)

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