Trainer Skripnik bei Werder kaum zu halten
Mönchengladbach – Viktor Skripnik wird bei Werder Bremen immer mehr zum Trainer auf Zeit.
Jedem in der Branche Profifußball dürfte klar sein: Verliert das Skripnik-Team in der Bundesliga am Mittwoch auch gegen Mainz 05, wird der Handlungsbedarf akut, werden die Diskussionen um die Zukunft des 46-Jährigen noch heftiger.
Skripnik reagierte nach dem schlechtesten Saisonstart der Vereinshistorie und vier Pflichtspielniederlagen in Serie trotzig. «Wir haben Erfahrung in diesen Dingen», ließ er wissen. Einen Rücktritt nach der erschreckend schlechten Vorstellung beim 1:4 (0:4) in Mönchengladbach schloss er aus: «Nein», diese Frage stelle sich ihm nicht.
Indes: Die Körpersprache Skripniks drückte Rat- und Hilflosigkeit aus. Ob der extrem schwachen Leistung seiner Mannschaft in den ersten 45 Minuten stemmte der Ukrainer fast die ganze Zeit die Hände in die Hüften – als suche er irgendwie Halt. Und als er in der 66. Minute versuchte, seine Profis mit einer Bewegung des linken Arms nach vorn zu pushen, war das eher eine Geste der Resignation. Nach dem Abpfiff des Werder-Trauerspiels senkte er den Kopf, das Händeschütteln mit den ihm Anvertrauten wirkte halbherzig.
Hälfte eins der Partie im Borussia-Park war wohl der negative Höhepunkt der Entwicklung, seitdem Skripnik am 25. Oktober 2014 als Nachfolger von Robin Dutt Profi-Chefcoach wurde. Von «absoluter Katastrophe» (Clemens Fritz), «Totalausfall» (Florian Grillitsch) oder «peinlich» und «unterirdisch» (Skripnik) war die Rede. Selbst auf der Werder-Homepage war nach dem fahrlässigen und naiven Defensivverhalten von «Blackouts im Minutentakt» zu lesen.
Die Verantwortlichen wie Geschäftsführer Frank Baumann oder Aufsichtsratschef Marco Bode halten im Moment noch zu Skripnik. Doch dass Baumann erklärt, man sei «von Viktor überzeugt und von seinem Team», hört sich eher nach Lippenbekenntnis an. Immerhin wollte Skripnik die zahlreichen Spielerausfälle nicht als Alibi für den desolaten Kick nutzen. In einem ist dem Ukrainer zu hundert Prozent beizupflichten: «Wir haben definitiv Luft nach oben.»
Ob das finanzielle Klamm-Sein des viermaligen deutschen Meisters oder die Treue zu einem treuen Werderaner wie Skripnik einen Trainerwechsel verhindern? Das mögen sie intern wissen. Extern ist aber nicht zu erkennen, dass es positiver wird oder aufwärts geht an der Weser für den aktuellen Tabellenletzten: In den 62 Bundesligapartien mit Skripnik gab es 21 Siege und 15 Remis – aber 26 Niederlagen. Die beste Phase hatten der Ukrainer und sein Team zwischen dem 17. und 21. Spieltag 2014/15 mit fünf Siegen in Serie.
So etwas täte jetzt gut. Aber die 200. Bundesligapartie von Skripnik als Bremer Spieler und Trainer war sportlich der Offenbarungseid. Thorgan Hazard (11./17. Minute) und Raffael (21., Foulelfmeter/41.) machten vor 54 014 Zuschauern das Werder-Debakel perfekt. Immerhin gelang Zugang Serge Gnabry (73.) der erste Treffer im Werder-Trikot. Aron Johannsson (80.) sah wegen Schiedsrichterbeleidigung Rot.
Skripniks Gladbacher Kollege André Schubert kennt all diese Dinge, die der Bremer im Moment erlebt. «Ein bisschen Geduld ist im Fußball manchmal gefragt» – dieser Satz Schuberts fiel zwar nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit einer Trainerdiskussion bei Werder. Er drückt aber genau das aus, was die Borussia-Verantwortlichen bei schwächeren Erlebnissen Schuberts mit seinem Team hatten: Geduld. Bei Werder könnte sie langsam aufgebraucht sein.
Fotocredits: Roland Weihrauch
(dpa)