Tausende fliehen vor Feuern in Australien
Canberra – Im Südosten Australiens herrscht Katastrophenalarm: Tausende Menschen sind auf der Flucht vor den verheerenden Buschbränden. In den Bundesstaaten New South Wales und Victoria musste mehr als ein halbes Dutzend Städte evakuiert werden, darunter beliebte Touristenorte.
Am Freitag bildeten sich lange Staus, das Benzin wurde knapp. Die Polizei eskortierte die Autos aus den Feuergebieten. Im Küstenort Mallacoota, wo Urlauber und Bewohner an den Strand geflüchtet waren, brachte die Marine Eingeschlossene in Sicherheit – Bilder zeigen Szenen wie aus einem staubigen Wüstensturm.
In New South Wales ist es bereits das dritte Mal in dieser Brandsaison, dass der Notstand verhängt wurde, für Victoria ist es das erste Mal in der Geschichte des Bundesstaates. Dort allein werden nach Angaben der Regierung 28 Menschen vermisst. Die für Katastrophen zuständige Ministerin, Lisa Neville, rief die Bewohner dringend dazu auf, die
Feuergebiete zu räumen.
«Sie sollten weg, um Ihr Leben zu retten. Wenn Sie das nicht tun, schicken wir die Polizei, damit Sie diese Botschaft verstehen.» Der Ausnahmezustand erlaubt Zwangsevakuierungen, also Räumungen gegen den Willen der Bewohner. Die gab es aber laut Polizei bislang nicht.
Die Buschfeuer auf dem Kontinent wüten bereits seit Oktober.
Landesweit starben mindestens 19 Menschen. Samstag könnte sich die Lage bei Temperaturen von bis zu 46 Grad weiter zuspitzen. Blitze könnten neue Feuer entfachen. In New South Wales und Victoria wüteten am Freitag fast 200 Feuer, landesweit waren es mehr als 300.
An der Küste halfen private Fischerboote laut Medienberichten dabei, die festsitzenden Bewohner mit Wasser zu versorgen und Menschen in Sicherheit zu bringen. Viele mussten sich auf der Flucht vor den Flammen Notquartiere suchen und konnten nicht weiter reisen. Die Urlauber Elena und Gabriel Jones traf es beim Neujahrs-Trip, sie mussten in Victoria von einer Stadt in die nächste ausweichen. «Es war eine sehr beängstigende Reise. Mit tun die vielen Familien leid, die dort festsitzen», sagte Gabriel Jones der Deutschen Presse-Agentur.
Der Deutsch-Australier Frank Klostermann und seine Familie haben eine Odyssee vom Küstenort Batemans Bay Richtung Sydney hinter sich. «Wir sind mit sehr viel Glück da raus.» Die verbrannten Eukalyptuswälder sähen aus wie verbrannte Streichhölzer, erzählte er der dpa.
Während der tagelangen Flucht vor den Flammen erlebte Klostermann viel Verzweiflung von Betroffenen, aber auch Hilfsbereitschaft. So wurde seine Familie mit zwei weiteren Familien von einer fremden Frau aufgenommen: «Wenn das Schlimmste passiert, holt es das Beste aus den Leute raus.» Die Australier seien Naturkatastrophen gewöhnt. Aber diese Brände und die Wetterlage schilderte Klostermann als besonders schlimm. An einem Morgen sei es um 8 Uhr schon 34 Grad heiß gewesen.
Die Brände haben Auswirkungen bis hin zu Sport-Events:
Das Internationale Tennisturnier in der Hauptstadt Canberra, das am Montag starten soll, wird wegen der Brände in der Region in die rund 620 Kilometer westlich gelegene Stadt Bendigo verlegt, wie die Veranstalter mitteilten.
In Australien sind die Feuer auch ein Politikum. Premierminister Scott Morrison, ein Kohle-Förderer, sieht die Brände als Naturkatastrophe und lehnt es ab, seine Klimapolitik zu ändern. Er wurde dafür kritisiert, dass er während der Krise nach Hawaii fuhr, er brach seinen Urlaub ab. Bei einem Besuch im Feuergebiet, in Cobargo, wurde Morrison am Donnerstag beschimpft. Während eines anderen Ortstermins, am Freitag in Lucknow, war der Empfang freundlicher.
Im Kampf gegen die Flammen bekommen die erschöpften Feuerwehrleute Unterstützung aus den USA und Kanada. «Es sind beispiellose Zeiten», sagte der Premier von Victoria, Daniel Andrews. Ein besonders bewegendes Bild gab es diese Woche bei einer Trauerfeier in Buxton für einen Feuerwehrmann, der im Einsatz ums Leben kam. Dort wurde dem kleinen Sohn stellvertretend für seinen Vater eine posthume Auszeichnung für dessen Mut und Dienst überreicht.
Am Freitag gab es für die Feuerwehrleute einen besonderen Dank, wie der «Sydney Morning Herald» berichtete: Stadionbesucher applaudierten ihnen bei einem Cricket-Spiel.
Fotocredits: Pois Helen Frank
(dpa)