Steinhaus vor Bundesliga-Debüt: «Nicht einen Tag gezweifelt»
Grassau – Zumindest eine Sache ist für Bibiana Steinhaus gleich geblieben. «Die Sprüche kommen wie immer, da hat sich nichts verändert», erzählt die Schiedsrichterin über die Frotzeleien ihrer männlichen Kollegen und lacht.
Das war es dann aber auch schon mit dem Gewohnten für die 38-Jährige, die von August an Spiele der Fußball-Bundesliga pfeifen wird. Eine Frau als Schiedsrichterin in der deutschen Elite-Klasse hat es noch nie gegeben. Steinhaus spricht von einer «tollen Aufgabe und riesigen Herausforderung» und räumt zugleich ein, dass der Aufstieg noch mal «ein anderer Schritt» sei.
Davon ist beim Schiedsrichter-Lehrgang des Deutschen Fußball-Bundes in Grassau am Chiemsee aber erstmal nur an diesem Mittwoch etwas zu spüren, als der DFB eine Pressekonferenz mit Steinhaus gibt und ein Verbandssprecher mitteilt, dass schon stapelweise Interview-Anfragen vorliegen. Nach dem Termin schlendert Steinhaus mit ihren 23 Erstliga-Kollegen zum Foto-Shooting auf den Trainingsplatz und flachst mit anderen Referees in der Lobby des mondänen Sport-Hotels.
Steinhaus steht vor dem vorläufigen Höhepunkt ihrer Karriere und der Belohnung nach zehn Jahren 2. Bundesliga, in denen sie laut DFB-Schiedsrichter-Chef Lutz Michael Fröhlich zuletzt bei den Bewertungen aller Referees «an der Spitze» stand.
Als ihr die historische Beförderung Mitte Mai von Fröhlich mitgeteilt wurde, war sie zunächst baff. «Ich hörte die Worte, allein der Glaube brauchte einen Moment, um zu sacken», erinnerte sich Steinhaus. Die Reaktionen im Anschluss waren dann «überwiegend positiv», sagte sie. Auch Bundesliga-Vereine hätten sich gemeldet, mit «positivem Feedback und ehrlicher Freude auf die Zusammenarbeit. Das zeigt mir, dass vielleicht nicht alles schief gelaufen ist die letzten Jahre.»
Die Polizistin aus Hannover pfeift seit der Saison 2007/08 in der 2. Liga und brachte es dabei auf 80 Partien. Sie war bei den Frauen-Weltmeisterschaften 2011 und 2015 sowie Olympia 2012 im Einsatz, ist für die anstehende EM vorgesehen und wird zum sechsten Mal als DFB-Schiedsrichterin des Jahres ausgezeichnet. «Sie ist in der Spiel- und Spielerführung sehr aktiv und agiert geschickt», lobte Fröhlich und meinte: «Sie ist keine Reizfigur, das ist wichtig.»
Dass die Bundesliga mit ihrer Geschwindigkeit und Intensität ein ganz anderes Kaliber wird, das ist Steinhaus bewusst. Deswegen habe sie in der Vorbereitung «noch mal eine Schippe drauf gepackt, noch ein Training mehr absolviert». Sie wolle auf ihre Aufgaben mit Bayern, Dortmund und Co. vorbereitet, aber nicht vorbelastet sein.
Dass die Lebensgefährtin des prominenten englischen Ex-FIFA-Schiedsrichters Howard Webb zehn Jahre auf ihre Chance in der Bundesliga warten musste, habe sie nicht entmutigt. «Ich habe nicht einen Tag gezweifelt an meiner Tätigkeit Schiedsrichter, nicht einen Tag. Denn das ist das Hobby, das ich liebe und gerne ausübe», sagte sie. «Ich weiß nicht, ob man Glück und Zufriedenheit von einer Liga abhängig machen muss.»
Ein Zeichen der Gleichberechtigung ist der Aufstieg allemal, zeige er doch, dass es um Leistung auf dem Feld gehe und nicht um «Geschlecht, Körpergröße oder Körperumfang», sagte Steinhaus. Sie hofft, dass mehr Mädchen Schiedsrichterinnen werden. Dann muss sie sich irgendwann nicht mehr alleine die neckischen Sprüche der Kollegen anhören.
Fotocredits: Matthias Balk
(dpa)