St. Pauli trotzt der Krise: Weiter Vertrauen in Lienen
Hamburg – Der FC St. Pauli schwört trotz der schlimmsten Krise in seiner Zweitliga-Geschichte Trainer Ewald Lienen die Treue.
«Die Trainerfrage stellt sich nicht. Wenn wir vom Trainer nicht überzeugt wären, hätten wir schon reagiert», betonte Geschäftsführer und Interims-Sportchef Andreas Rettig nach der 0:1-Heimpleite gegen Fortuna Düsseldorf. Es war das neunte sieglose Spiel in Serie für den Tabellenletzten, dessen Rückstand auf Nicht-Abstiegsplatz 15 auf fünf Punkte angewachsen ist. Dennoch will man beim Kiezclub der im Profifußball bei Erfolglosigkeit üblichen Gesetzmäßigkeit des Trainerwechsels nicht folgen.
«Nö!», antwortete Rettig am Sonntagabend in der Sendung «Sportclub» des NDR-Fernsehens locker lächelnd auf Nachfrage. Wie Clubchef Oke Göttlich, der Lienen vor zwei Jahren in ähnlich kritischer Lage zu den Braun-Weißen geholt hat, setzt auch Rettig auf die Erfahrung des 62-Jährigen, der den Club 2015 in der Rückrunde zum Klassenverbleib führte. «Ewald Lienen ist jemand, der gerade in der jetzigen prekären Situation Klartext spricht. Wir müssen nun das umsetzen, was er gefordert hat, nämlich jeden Tag hart arbeiten und nicht zu früh aufzugeben», betonte Rettig. Immerhin stünden ja noch 21 Spiele aus.
Dass Göttlich, Rettig & Co. keine reinen Romantiker im knallharten Fußball-Geschäft sind, bekam kürzlich Thomas Meggle zu spüren. Der Sportdirektor war am 1. November freigestellt worden, seinen Job erledigt Rettig seither mit. Zudem kam auf Lienens Wunsch Olaf Janßen als weiterer Co-Trainer hinzu. «Unsere Analyse hat ergeben, dass diese Personalentscheidungen die größte Erfolgsaussicht verspricht», sagte Rettig. Und betonte: «Es ist aber nie einer allein schuld.»
Meggle muss sich allerdings den Vorwurf gefallen lassen, dass er den Verlust von Leistungsträgern wie Marcel Halstenberg (RB Leipzig), Marc Rzatkowski (RB Salzburg) und Lennart Thy (Werder Bremen) nicht hinreichend ausgeglichen hat. So zeigte sich gerade zuletzt, als Lienen bis zu acht Stammkräfte auf einmal ersetzen musste, dass der Kader nicht ausgewogen besetzt ist.
Rettig will im Winter «durch kluge Transferentscheidungen» nachbessern und damit die Wende zum Guten einleiten. «Der Blick auf die Tabelle bereitet Kopf- und Bauchschmerzen, aber lasst uns nicht zuviel über die 3. Liga reden», forderte er. «Zu frühes Aufgeben ist keine Option für uns.»
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(dpa)