Sportfreunde-Trainer: «Wir können jedes Spiel gewinnen.»

Lotte – In kurzer Zeit hat der noch unerfahrene Fußball-Trainer Ismail Atalan aus dem einstigen Regionalligisten Sportfreunde Lotte einen ambitionierten Drittligisten gemacht, der im DFB-Pokal für Furore sorgt.

In den ersten beiden Runden wurden die Bundesligisten Werder Bremen und Bayer Leverkusen aus dem Wettbewerb geworfen. Was Lotte als Verein ausmacht und wie er die Chancen im Achtelfinale gegen den Zweitligisten 1860 München sieht, erklärt der 36-Jährige im dpa-Interview.

Erst der Aufstieg in die 3. Liga, dann der Erfolg im DFB-Pokal gegen zwei Erstligisten. Wie geht das?

Ismail Atalan:Was wir hier erschaffen haben – dieser Zusammenhalt, dieser Glaube aneinander in der Kabine – das ist nicht alltäglich. Wir haben diese Mentalität, dass wir jedes Spiel gewinnen können. Wir haben nur eine Chance über das Team. Das sagt wahrscheinlich jeder, der nicht die allergrößten Spieler hat, aber bei uns stimmt es wirklich. Wenn ich vom Team rede, dann meine ich nicht nur die Mannschaft. Es gibt hier einen echten Wohlfühlfaktor: Alle freuen sich über unseren Erfolg – die Geschäftsstelle, die ganzen Ehrenamtlichen, die Fans. Eine echte Euphorie.

Und welchen Anteil am Erfolg haben Sie als Trainer?

Atalan:Eine gewisse Qualität in der Mannschaft muss vorhanden sein, aber dann kommt es darauf an, wie die Stärken eingesetzt und die Schwächen vertuscht werden. Du darfst als Trainer auch nie vergessen: Du hast Menschen vor dir, vielleicht mit privaten, finanziellen oder familiären Problemen. Du musst immer wissen, wie du diesen oder jenen Spieler am besten anpackst. Diese Empathie kann entscheidend sein, damit eine Aufstellung aufgeht. 18 Charaktere zusammenzuhalten, da hat der Trainer einen sehr großen Einfluss.

Erst Bremen, dann Leverkusen. Da müssten doch jetzt auch die «Löwen» von 1860 München zu bändigen sein, oder?

Atalan:Viele denken, dass wir, nachdem wir den Champions-League-Teilnehmer bezwungen haben, erst Recht gegen einen Zweitligisten gewinnen können. Doch das ist die Gefahr. Dieses Mal wird es schwer sein, zu überraschen. Aber nichtsdestotrotz, auch 1860 München hat in der Hinrunde viele Spiele verloren und wir wissen wieso. Ich glaube, dass sie hoffen, dass wir nicht wissen, wo ihre wunden Punkte sind. Wenn wir es schaffen, sie immer wieder zu piksen, ihre Schwächen vorzuführen, haben wir eine Chance. 1860 München ist der Topfavorit. Wenn alles normal läuft, gewinnen sie. Aber manchmal sind die Sachen eben nicht normal.

Was würde Ihnen persönlich ein Sieg am Mittwoch bedeuten?

Atalan:Natürlich wäre die Freude riesengroß. Aber solche Siege sind nicht alles. Mein schönster Moment mit Lotte war nicht mal das Aufstiegsspiel. Mein schönster Moment war, als wir in meinem ersten Spiel als Trainer in der 93. Minute mit dem Schlusspfiff das 2:1 gemacht haben. Da merkt man, hier entwickelt sich was, darauf kann man aufbauen. Das haben wir dann ja auch gemacht.

ZUR PERSON: Ismail Atalan (36) hat selbst nie als Profifußballer auf dem Platz gestanden. Nach Stationen bei kleineren Clubs im Münsterland trainiert er seit 2015 die Sportfreunde Lotte. Seither führte er die Mannschaft in die 3. Liga und feierte im DFB-Pokal Erfolge gegen die Erstligisten Bremen und Leverkusen. Atalans Vertrag läuft Ende der Saison aus. Seine Zukunftspläne lässt er bislang offen.

Fotocredits: Guido Kirchner
(dpa)

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