Speed-Dating statt Urlaub: Beierlorzers kurioser Auftakt

Sinsheim – Eigentlich könnte Achim Beierlorzer jetzt mal seine Freiheit genießen und ganz von seinem missglückten Kurzzeit-Job beim 1. FC Köln abschalten.

«Geplant war eigentlich ein Urlaub. Den hatte meine Frau am letzten Montag gebucht – am Mittwoch wären wir geflogen», erzählte der 52 Jahre alte Franke. Doch statt Ruhe, Sonne, und Freizeit heißt es für Beierlorzer jetzt: Fußball, Bundesliga und Abstiegskampf. Schon an diesem Sonntag (18.00 Uhr/Sky) beginnt für den neuen Trainer des FSV Mainz 05 die nächste Riesen-Herausforderung – mit einem Spiel beim Team der Stunde, der TSG 1899 Hoffenheim.

Es ist ein kurioser und in der Bundesliga eher ungewöhnlicher Wechsel von einem Abstiegskandidaten zum nächsten. Zwischen Beierlorzers  Ablösung in Köln und seiner Einstellung in Mainz lagen gerade einmal neun Tage. Dementsprechend kurz fiel seine Vorbereitung auf das erste Spiel mit den Rheinhessen aus. «Das war wie beim Speed-Dating. Der Donnerstag war gefühlt der erste normale Tag. Jedes Training hilft, uns aneinander zu gewöhnen», sagte Beierlorzer über seine neuen  Spieler in Mainz.

Er suchte den Kontakt mit Sandro Schwarz, der nach einem 0:8 in Leipzig und einem 2:3 gegen Union Berlin vor der Länderspielpause gehen musste. «Ich hatte einen sehr intensiven Austausch mit Sandro Schwarz. Er ist ein überaus geschätzter Kollege und ausgewiesener Fußball-Experte», lobte Beierlorzer. Drum will der neue Trainer auch auf Grundsätze seines Vorgängers aufbauen – und dürfte bei der Wahl seiner Startelf keine großen Experimente und Veränderungen wagen.

Um den Abwärtstrend zu beenden und im Abstiegskampf ein richtiges  Zeichen zu setzen, hat Beierlorzer eine ungünstige Startaufgabe erwischt. Gegner Hoffenheim gewann zuletzt fünf Spiele in Serie, darunter fielen auch Erfolge gegen den FC Bayern und Schalke 04. «Statistisch gesehen stehen unsere Chancen nach einer solchen Serie nicht schlecht», sagte Beierlorzer, der als Mathematiklehrer gerne die Wahrscheinlichkeitsrechnung bemüht.

Auch im Kraichgau waren sie etwas verwundert, dass sie nach dem 2:1-Sieg in Köln, der Beierlorzer beim FC vor genau zwei Wochen den Job kostete, nun schon wieder gegen den gleichen Trainer antreten dürfen. «Meines Wissens gab es das noch nie, dass ein Trainer im ersten Spiel nach seiner Entlassung am nächsten Spieltag direkt wieder auf den gleichen Gegner trifft – insofern ist das sicher etwas Besonderes», sagte Alexander Rosen der «Heilbronner Stimme».

Hoffenheims Sportchef kann darin aber auch einen ganz pragmatischen Vorteil für Beierlorzer erkennen. «Bei der Vorbereitung wird Achim Beierlorzer vielleicht ein bisschen Zeit gewinnen, da die Szenen auf seinem Laptop noch recht frisch sein dürften.» TSG-Coach Alfred Schreuder, der nach einem durchwachsenen Saisonstart selbst schon in der Kritik stand, äußerte Verständnis für seinen Trainerkollegen. «Er hat auch nicht sofort gedacht, jetzt muss ich nach Mainz. Er hat auch erst gedacht, er hat Urlaub. Aus was für einem Grund soll er es nicht machen? Ich finde es auch mutig, was er macht», sagte Schreuder.

Fotocredits: Thomas Frey
(dpa)

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