Sechstligisten vor DFB-Pokal-Debüt im Dauerstress
Aalen – Vor dem Spiel des Jahres heißt es für die klassentiefsten Teilnehmer im DFB-Pokal: Arbeit, Arbeit, Arbeit. Und das weniger auf dem Platz als abseits des Rasens.
Seit die Sportfreunde Dorfmerkingen am 11. Juni RB Leipzig zugelost bekommen haben und der 1. FC Rielasingen-Arlen sich mit Titelverteidiger Borussia Dortmund als Gegner in der ersten Pokal-Runde beschäftigt, fahren die Macher der beiden Verbandsligisten aus Baden-Württemberg Zusatzschicht um Zusatzschicht.
«Ich bin Gesamtorganisator und mache quasi rund um die Uhr alles», erläutert Josef Schill von den SfD vor dem Duell mit dem sächsischen Champions-League-Teilnehmer. Oliver Ley, vorübergehend zum Pressesprecher bestellt, formuliert es so: «Jetzt ist gerade Hochfrequenz. Sechs, sieben Stunden täglich zusätzlich zum normalen Job. 16, 17 Stunden kann ich nicht jeden Tag leisten.» Für den Chef zweier Autohäuser ist klar: «Wir sind froh, wenn es mal wieder normal wird. Aber das ist ein einmaliges Event, so muss man das sehen.»
Zudem besteht die Hoffnung auf unerwartete Einnahmen. Beide Clubs, daran lässt niemand Zweifel aufkommen, freuen sich trotz des riesigen Aufwands wahnsinnig auf ihre Pflichtspiele gegen zwei der besten Mannschaften Deutschlands. Für Dorfmerkingens Cheforganisator Schill ist der Bundesliga-Zweite aus Leipzig sogar «die beste Mannschaft der Bundesrepublik». «Die haben wenig Tore bekommen in der vergangenen Saison», sagt er. «Auch die Vorbereitung ist gut.» Sein Tipp für Sonntag, wenn der Pokalsieger des Württembergischen Fußballverbands (wfv) und Aufsteiger aus der Landesliga in der Ostalb-Arena des VfR Aalen aufläuft: 1:0. «Ich kann ja nicht anders.»
Auch der Sieger des südbadischen Pokals träumt von einer Sensation gegen Pierre-Emerick Aubameyang, Marcel Schmelzer und Co. «Das ist ein Jahrhundertspiel für uns, für den ein oder anderen auch ein Lebensspiel», sagt Ley, der selbst allerdings kein Träumer sein will. «Jeder Realist weiß, dass sechs Ligen Unterschied was ausmachen. Früher gab’s die Faustregel: Pro Liga zwei Tore.» Für die Partie im Schwarzwald-Stadion in Freiburg wäre er deshalb glücklich, wenn das Team am Samstag eine gute Leistung zeigt, «wenn wir unter sieben (Gegentreffer) nach Hause gehen und vielleicht sogar ein Tor schießen könnten».
Beide Verbandsligisten loben die Zusammenarbeit mit dem Deutschen Fußball-Bund und den Pokal-Gegnern. Auch die Freiburger seien als Hausherr im Stadion immer freundlich, obwohl sie über den zusätzlichen Aufwand nicht sonderlich begeistert waren. «Sie sind sich für keine Frage zu schade, man darf immer anrufen und fragen», berichtet Ley. Dorfmerkingen erkundigte sich bei Gegner Leipzig nach dem richtigen Spielball – und bekam nicht nur das Angebot, dass sich die Gäste darum kümmern, sondern auch 50 Exemplare geschenkt.
Der Club hatte beim Feiern auf Mallorca die Trophäe für den Sieg im wfv-Pokalfinale über die Stuttgarter Kickers verloren, wenige Tage später aber zurückbekommen. Inzwischen bewacht er den Cup mit höchster Aufmerksamkeit. Für den wfv-Pokalsieger wird das Duell mit Leipzig bei einer Niederlage für lange Zeit das letzte DFB-Pokalspiel und deswegen noch bedeutsamer sein, als es ohnehin schon ist. Denn in der ersten Runde des neuen wfv-Pokals gab es für die – vom ehemaligen VfB-Profi Helmut Dietterle trainierte – Mannschaft am vergangenen Wochenende ein ärgerliches 0:3 gegen den SGV Freiberg. Zusatzschichten in einem Jahr sind also ausgeschlossen.
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(dpa)