Schwerer Stand für Korkut zum Start in Stuttgart
Stuttgart – Wenn alles gut läuft für Stuttgarts neuen Trainer Tayfun Korkut, kann er seinen Vorgänger Hannes Wolf schon am Samstag in einer wichtigen Kategorie überholen.
Unter dem freigestellten Coach holte der VfB Stuttgart in der Fußball-Bundesliga auf fremden Plätzen lediglich einen Punkt. Gewinnt die Mannschaft unter Korkut das wichtige Duell mit dem VfL Wolfsburg, wäre er sofort für den ersten Auswärtssieg der Saison verantwortlich. «Es ist wichtig, diesen Abwärtstrend auswärts zu stoppen. Das ist der Fokus», sagte Korkut vor der ersten Trainingseinheit am Dienstagnachmittag.
Angesichts der – positiv formuliert – skeptischen Grundhaltung dem neuen Mann gegenüber wäre Korkut dieser Achtungserfolg zu wünschen. Denn im direkten Vergleich mit seinem smarten, sieben Jahre jüngeren und auch nach der jüngsten Phase mit sieben Niederlagen aus acht Spielen noch immer beliebten Vorgänger Wolf liegt Korkut in der Sympathie der Fans nach den ersten Eindrücken klar im Hintertreffen.
Und weder der 43 Jahre alte Schwabe mit türkischen Wurzeln noch sein Chef Michael Reschke vermochten bei der kurzfristig anberaumten Präsentation am Montagabend überzeugend zu erklären, warum Korkut der richtige Mann für den vom erneuten Abstieg bedrohten Traditionsverein aus Baden-Württemberg sei. «Ich freue mich, wieder beim VfB Stuttgart zu sein. Es ist eine reizvolle Aufgabe», sagte der ehemalige U19-Trainer der Schwaben. Auf mitreißende Rhetorik, Euphorie oder Emotionen verzichtete er bei dem Auftritt.
«Von einer Botschaft halte ich jetzt im Moment nichts. Ich halte viel von Arbeit, von Vorbereitung, von Einstellung, Hartnäckigkeit. Das sind Sachen, die ich einbringen will», sagte Korkut. Auf die Frage, was ihm als Trainer wichtig sei, antwortete er: «Es ist abhängig auch von den Spielern, die wir haben und auch vom Zustand der Spieler, wie mutig und aktiv wir sein werden. Ich bin ein Trainer, der es eher aktiv angeht.»
Ex-Bundesligaprofi Steven Cherundolo und Ilija Aracic sind ab sofort Korkuts Co-Trainer. Der frühere US-Nationalspieler Cherundolo war zuvor U17-Trainer von Bundesligist Hannover 96 und bestritt für die Niedersachsen zwischen 1999 und 2014 insgesamt 302 Bundesliga-Spiele. Aracic trainierte von 2012 bis 2015 die U19 des VfB. Seit September 2016 war er Cheftrainer des bayrischen Regionalligisten FV Illertissen gewesen.
Korkuts Team gehören weiterhin der bisherige Torwarttrainer Marco Langer sowie Athletiktrainer Matthias Schiffers an. Der bisherige Individualtrainer Andreas Schumacher zählt hingegen nicht mehr dazu.
Der frühere Nationalspieler und VfB-Profi Thomas Berthold sieht in Korkut allerdings nur eine Art Notlösung – und dürfte mit dieser Auffassung nicht alleine sein. «Die Entscheidung für Tayfun Korkut kam aufgrund fehlender Alternativen zustande. Die Top-Kandidaten wie Thomas Tuchel oder Markus Weinzierl hat man nicht bekommen», sagte der 53-Jährige dem Nachrichtenportal t-online.de.
Reschke wehrte sich derweil gegen Kritik an der Freistellung Wolfs. «Es ist eine infame Lüge zu behaupten, ich hätte Hannes Wolf misstraut», erklärte der 60-Jährige in der «Sport Bild». In derselben Ausgabe äußerte aber auch Ex-VfB-Trainer Huub Stevens Unverständnis für die Trennung von Wolf. «Ich dachte, sie haben mit Wolf und Reschke nun Ruhe im Verein. Das ist nicht der VfB, den ich nach der Rückkehr in die Erste Liga erwartet hatte», sagte Stevens.
Nach dem mutigen Schritt mit Wolf vor eineinhalb Jahren, der als Jugendtrainer bei Borussia Dortmund zuvor nur Branchen-Experten bekannt war und den VfB zur Meisterschaft in der 2. Liga führte, wirkt Korkut nicht wie ein Trainer, mit dem die Fans große Träume verbinden können. Zu unscheinbar sind seine Bilanzen seiner bisherigen Trainerstationen im deutschen Profifußball.
Von Januar 2014 bis April 2015 erreichte er in 48 Pflichtspielen mit Hannover 96 einen Punkteschnitt von 1,17. In der zweiten Liga mit dem 1. FC Kaiserslautern gab es in nur 18 Spielen im Schnitt 1,06 Punkte, im Dezember verabschiedete sich Korkut von sich aus. In der Rückrunde der vergangenen Saison bekam er den Auftrag, als Nachfolger von Roger Schmidt die Werkself von Bayer Leverkusen in der Liga zu halten. Den erfüllte er, verbuchte in elf Bundesligaspielen aber nur zwei Siege.
Allerdings war diese Zeit in Leverkusen wohl ein ausschlaggebender Grund für Reschkes Entscheidung pro Korkut, die nach Angaben des Sportvorstands von allen Vorständen und dem Präsidium um Wolfgang Dietrich einstimmig befürwortet wurde. Reschkes Kontakte sind aus den vielen Jahren bei Bayer noch sehr gut, die Berichte gefielen ihm. Die Entscheidung fiel schließlich nach einem ausführlichen Gespräch mit Reschke und Präsident Dietrich. «Das gesamte Paket hat gepasst», berichtete Reschke danach. Wenn die Ergebnisse bis zum 34. Spieltag stimmen, sehen das wohl auch die Anhänger so.
Fotocredits: Sebastian Gollnow
(dpa)