Schuster hat keine Zeit zum Feiern: Darmstadt auf Bewährung
Darmstadt – Zum Feiern hat Dirk Schuster wenig Zeit. Zwar fällt sein 50. Geburtstag am Freitag in die Winterpause. Doch auf den Jubilar wartet viel Arbeit. Vor rund zwei Wochen hat der Trainer SV Darmstadt 98 wieder übernommen und soll den Club vor dem Absturz in die 3. Liga bewahren.
«Mein Handy läuft heiß. Obwohl der Akku vom neuen Telefon besser ist, muss ich mehrmals täglich aufladen. Daran sieht man, wie viel ich zur Zeit telefoniere», verriet er kürzlich der «Bild»-Zeitung.
Es ist Schusters zweite Amtszeit in Darmstadt. Vor fünf Jahren – am 28. Dezember 2012 – übernahm er die Lilien zum ersten Mal. Damals war der Verein Schlusslicht in der 3. Liga. Heute steht die Mannschaft auf dem Relegationsrang 16 der 2. Liga. Wie damals lenkt das Präsidium um Rüdiger Fritsch den Verein. Aber ansonsten ist die Situation von heute mit der von damals kaum zu vergleichen.
Als Spieler hatte Schuster den Ruf eines harten Verteidigers. Der gebürtige Karl-Marx-Städter absolvierte für die DDR und das vereinte Deutschland sieben Länderspiele. Als Trainer war Schuster vor seinem ersten Engagement in Darmstadt ein weitgehend unbeschriebenes Blatt. Den Abschluss als Fußball-Lehrer hatte er 2007 zwar als Jahrgangsbester abgelegt, mit den Stuttgarter Kickers war er später in die 3. Liga aufgestiegen. Doch dort wurde er im November 2012 nach sechs Spielen ohne Sieg entlassen.
Auch in Darmstadt erfüllte Schuster 2013 die Mission Klassenerhalt sportlich nicht. Nur wegen des Lizenzentzugs von Kickers Offenbach blieb die Mannschaft in der Liga. Danach setzte sie aber mit minimalen finanziellen Mitteln zu einem unglaublichen Durchmarsch an, der mit dem Klassenerhalt in der Bundesliga den Höhepunkt fand.
Doch wenige Wochen später verabschiedete sich Schuster zum Ligakonkurrenten FC Augsburg – ein Abgang, den ihm damals viele Fans und auch Präsident Fritsch übel nahmen. Die Zeit in Augsburg war allerdings nur kurz. Obwohl die Mannschaft sportlich im Soll war, musste Schuster im Dezember 2016 überraschend gehen – ein Makel, auch weil die Gründe bis heute im Dunklen liegen.
Nun also wieder Darmstadt. Die Misstöne wegen des Abgangs habe man «unter Männern» ausgeräumt, wie Fritsch und Schuster betonen. Und doch ist vieles heute anders. In seiner ersten Zeit hatte Schuster aus der Not heraus Spieler geholt, deren Karriere in die Sackgasse geraten war: zunächst Dominik Stroh-Engel und Marcel Heller zum Beispiel, später Sandro Wagner.
Heute ist der Kader mit Spielern wie Kevin Großkreutz oder Hamit Altintop einer der besten und teuersten in der Geschichte des Vereins. Die Erwartungen sind höher als damals. Schusters Kokettieren mit der Rolle des krassen Außenseiters wird da nicht funktionieren.
Entscheidend wird sein, ob es ihm gelingt, die verunsicherte Mannschaft zu stabilisieren. «Gerade auf der Außenbahn brauchen wir Geschwindigkeit», sagt er. Aber auch in der Defensive herrscht Bedarf. Bei Transfers hatte Schuster in Darmstadt oft ein goldenes Händchen. So war eine seiner ersten Amtshandlungen im Jahr 2012 die Verpflichtung des damals völlig unbekannten Aytac Sulu aus der 2. österreichischen Liga – heute Mannschaftskapitän und eine der Identifikationsfiguren im Kader.
Schuster muss schnell Ergebnisse liefern. Bei ein paar sieglosen Spielen werden diejenigen Oberwasser bekommen, die Schuster nicht zurückhaben wollten. Sollte nach Norbert Meier und Torsten Frings der dritte Trainer in eineinhalb Jahren nicht zünden, dürfte aber auch für das Präsidium um Fritsch die Luft langsam dünner werden.
Derzeit besteht also wenig Grund zum Feiern für Schuster in Darmstadt. Aber vielleicht gibt es ja künftig wieder einen Anlass. Denn dass Schuster gut und gerne feiert, hat er bei den Aufstiegen und dem Klassenerhalt eindrücklich unter Beweis gestellt.
Fotocredits: Frank Rumpenhorst
(dpa)