Ryan Lochtes bizarrer Olympia-Abschied

Rio de Janeiro – Von den olympischen Wettbewerben verabschiedete sich Ryan Lochte eher still, die letzten Stunden des US-Schwimmstars in Rio dagegen sorgen für mächtig Wirbel.

Es geht um eine Nacht im Herzen der brasilianischen Metropole, Lochte berichtete von einem Überfall mit Waffeneinsatz. Alles erfunden, sagt Rios Polizei – und der US-Verband muss das Stunden später im Wesentlichen zugeben und sich hochnotpeinlich bei den Gastgebern entschuldigen.

Sicher ist: So hatte sich der sechsmalige Olympiasieger Lochte sein vermutliches Ende auf der ganz großen Bühne bestimmt nicht vorgestellt. Sechsmal gewann er bei vier verschiedenen Olympischen Spielen Gold. Insgesamt weist seine Vita zwölf olympische Plaketten auf. Mit 39 WM-Titeln auf Kurz- und Langbahn liegt er sogar weit vor Michael Phelps (27), der allerdings Kurzbahn-Wettkämpfe fast immer ausließ. In so ziemlich jeder Schwimm-Nation wäre Lochte damit der größte Star; vielleicht wäre er es zu einer anderen Zeit sogar in den USA gewesen. Aber seine Generation hatte eben diesen Michael Phelps.

«Wir schwimmen seit 2004 gegeneinander, haben eine gute Rivalität und eine gute Freundschaft entwickelt», sagte Lochte während der Wettkämpfe im Olympic Aquatics Stadium, bei denen er einmal Gold gewann. Auffällig war Lochte dort mit seiner demonstrativen Gelassenheit und den durch das Chlorwasser von grün-blau nach grau gefärbten Haaren – letzteres diesmal als Accessoire anstelle von Brillanten-Deko im Mund.

In Rio musste sich Lochte – wie eigentlich immer – beim einzigen Einzelstart über 200 Meter Lagen als Fünfter dem Olympiasieger Phelps geschlagen geben. Nur einmal konnte Lochte den Rekordchampion bei einem großen Wettkampf überhaupt bezwingen: 2011 bei den Weltmeisterschaften in Shanghai verwies er Phelps über 200 Meter Lagen in Weltrekordzeit auf Rang zwei.

Auch in Phelps‘ Karriere gibt es genug Eskapaden, alleine zweimal wurde der 23-malige Olympiasieger wegen einer Fahrt unter Alkoholeinfluss zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Doch nun bestimmt die Party-Nacht von Lochte mit den Staffel-Olympiasiegern Jack Conger, Gunnar Bentz und Jimmy Feigen die Schlagzeilen.

Die Affäre wird nicht ohne Folgen bleiben, der US-Verband will über Strafen entscheiden. Conger und Bentz wurden sogar vor der geplanten Abreise noch aus dem Flieger geholt, um vor den Behörden in Rio auszusagen. Erst danach durften sie Brasilien verlassen. Lochte war da schon in der Heimat.

Die brasilianische Polizei will nun das FBI um Mithilfe bitten, um weitere Informationen von Lochte zu bekommen. Zwar äußerte Rio-Sprecher Mario Andrada Verständnis für die «Burschen» und deren Party-Nacht. Aber diesen Ärger um Sicherheit und Gewalt im Zeitraum der Spiele hätten sich die Organisatoren gerne erspart.

Der Fall dürfte die Beteiligten noch weiter beschäftigen. Und auch Lochte kann mit Rio noch nicht abschließen. Erst einmal müsse er körperlich und mental nach den Spielen etwas runterfahren, sagte der 32-Jährige. Er ließ seine weitere Karriereplanung offen. «Ich kann nicht sagen, dass es vorbei ist», sagte der lässige Leistungssportler. «Aber es sind eine Menge Sachen, die ich in den nächsten vier Jahren ändern muss, wenn ich in den Sport zurückkommen will.» Erst einmal hat er aber eine ganze Menge Ärger am Hals.

Fotocredits: Patrick B. Kraemer
(dpa)

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