Ruhe bewahrt: St. Pauli setzt Aufwärtstrend fort

Hamburg – «Ihr seid besser als der HSV!», skandierten die Fans berauscht vom 5:0-Fußballfeuerwerk ihres FC St. Pauli gegen den Karlsruher SC.

Gemeint waren ausnahmsweise aber nicht die gefeierten Kiezkicker, sondern die bemitleidenswerten KSC-Profis, die förmlich aus dem Millerntor-Stadion geschossen wurden und den Hohn ertragen mussten. Denn auch wenn ihre Pleite etwas knapper ausfiel als die jüngste 0:8-Klatsche des ungeliebten St. Pauli-Stadtrivalen Hamburger SV bei Bayern München, stürzten die Badener auf Rang 17 der Zweitliga-Tabelle ab. St. Pauli hingegen steht nach der Tor-Gala und trotz einer völlig verkorksten Hinrunde erstmals seit fünf Monaten wieder auf einem Nichtabstiegsplatz.

Aber wie war der Aufschwung möglich beim Kiezclub, der mit nur sechs Punkten nach 14 Spieltagen abgeschlagen am Tabellenende stand? Aus den letzten acht Partien holte er satte 15 Zähler. «Wichtig war, dass der Club auch in schwierigen Zeiten immer die Ruhe bewahrt hat. Dazu war uns klar, dass wir es nur als Einheit schaffen können», erklärte Ewald Lienen. Er steht quasi unter Artenschutz, denn anders als bei den anderen in den Abstiegskampf verwickelten Clubs griffen die Verantwortlichen nicht zum branchenüblichen Mittel Trainerwechsel.

«Wir sind davon überzeugt, dass wir mit Ewald Lienen auf der Bank die besten Chancen haben, den Klassenverbleib zu schaffen», wiederholte Geschäftsführer und Interims-Sportchef Andreas Rettig im Herbst geradezu gebetsmühlenartig. Immerhin hatte Routinier Lienen den Club schon 2014/15 aus einer ähnlich prekären Lage in sichere Gefilde geführt. Clubchef Oke Göttlich, der den Ex-Profi damals überraschend an die Elbe gelotst hatte, verwies immer wieder darauf, dass auch ein neuer Übungsleiter keine Garantie für die sportliche Rettung biete.

Das eingesparte Geld steckte man lieber in den Kader, der durch die Winter-Zugänge Mats Möller Daehli, Johannes Flum und Lennart Thy sinnvoll verstärkt wurde. Zudem steht ein halbes Dutzend Akteure, die verletzungsbedingt in der Hinserie immer wieder Lücken rissen, Lienen nun topfit zur Verfügung. Statt sein Team ständig neu formieren zu müssen, hat er die freie Auswahl und zudem eine gut besetzte Bank.

«Das ist auch der Grund, warum wir zuletzt viel weniger Gegentore bekommen haben. Jetzt können wir nach einer Führung unsere Stärke, das Konterspiel, viel besser einbringen», analysierte Lienen. Wie gegen den KSC, als Möller Daehli (12.) mit dem frühen 1:0 die Basis zum späteren Erfolg legte. Waldemar Sobota (50.) sowie Torjäger Aziz Bouhaddouz (52./58./79.) mit einem lupenreinen Hattrick schraubten das Ergebnis in die Höhe. «Ich wusste nachher gar nicht mehr, was ich machen sollte», scherzte Lienen angesichts des Torrausches.

Zugleich warnten die St. Paulianer davor, den positiven Trend überzubewerten. «Wir sind in der Tabelle noch nicht sorgenfrei», mahnte Rettig. Und Lienen ergänzte: «Es ist noch nicht der Moment, uns auf die Schulter zu klopfen und ein Resümee zu ziehen. Aber wir sind auf dem richtigen Weg, den müssen wir konsequent weiter gehen.»

Fotocredits: Axel Heimken
(dpa)

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