Robben bescheinigt Heynckes «Wahnsinns-Job»
München – In der Kabine waren sich Trainer, Bosse und Spieler des FC Bayern ganz schnell einig. Vier Tage nach dem 5:0 gegen Besiktas Istanbul in der Champions League war das triste 0:0 gegen Hertha BSC im Bundesliga-Alltag kein Vorfall, der eine größere Aufarbeitung erforderlich macht.
Die Münchner Dauersieger sind eben doch Menschen und keine Maschinen. «Der Tenor in der Kabine war: Wir nehmen das 0:0 hin», berichtete Fußball-Weltmeister Mats Hummels aus dem Heiligtum, aus dem normalerweise nichts nach außen dringt.
Die nach 14 Pflichtspielsiegen gerissene Erfolgsserie war auch für Jupp Heynckes belanglos angesichts des gigantischen Vorsprungs in der Tabelle. «Solche Tage gibt es im Fußball. Ich kann meiner Mannschaft überhaupt keinen Vorwurf machen», sagte der Trainer nachsichtig.
Im Interview der «Bild am Sonntag» ließ der 72-Jährige derweil zwischen den Zeilen erkennen, dass er den Energie fressenden Job in München – wie von Anfang an betont – nur bis Saisonende ausüben mag. «Ich mache das gerne jetzt, aber dafür braucht man viel Kraft und psychische Stabilität», sagte Heynckes. Die Trennung von Ehefrau, Hund und Bauernhof im Rheinland sowie die einsamen Abende im Hotel findet er «nicht lustig». Im übrigen, intern sei alles geklärt. Der FC Bayern werde im Sommer «einen adäquaten Trainer» bekommen.
Nur wen? Heynckes wird seine gesamte Kraft dafür einsetzen, für den Triple-Traum alle Einzelinteressen und die Launen einzelner Stars zu moderieren. Gegen Hertha ließ er Arjen Robben und Franck Ribéry wieder von Anfang an ran. Und Rib und Rob hätten im Eisschrank Allianz Arena für eine schöne Geschichte sorgen können, wenn eine wunderbare Koproduktion der Altstars in der ersten Hälfte mit dem 1:0 gekrönt worden wäre. Robben passte den Ball perfekt in den Lauf des Franzosen, aber Ribéry schoss aus bester Position weit drüber.
So musste Robben nach dem Spiel nochmal über seine Verärgerung über die Reservistenrolle in der Königsklasse gegen Besiktas reden. Und der 34-jährige Holländer erledigte das professionell und aufrichtig. Er rügte sich selbst. «Den Satz über meine Gefühle und Gedanken hätte ich nicht sagen müssen», räumte er mit dem Abstand einiger Tage ein. Aber er beharrte: «Als Spieler darf man sauer sein, muss man sauer sein!» Sein Respekt vor dem Trainer sei dennoch «ganz groß», wie er mehrfach versicherte: «Wahnsinn, was er hier für einen Job macht!»
Heynckes lasse ja «keinen aus Boshaftigkeit raus», bemerkte Hummels zu den ständigen Härtefällen. Die nächsten Wochen werden nicht einfacher für ihn, im Gegenteil: Sie werden richtig zäh. Bis Ostern stehen nur vier Spiele auf dem Programm; Freiburg, HSV und Leipzig in der Liga, dazu das Champions-League-Rückspiel in Istanbul, das nach dem Kantersieg im eigenen Stadion auch kein Knaller mehr ist.
Die Mannschaft in Form und die Stars bei Laune zu halten, das ist ohne Spannung im Titelkampf der knifflige Job für Heynckes, bevor es nach der Länderspielpause endlich richtig abgeht in Europa sowie im Pokal-Halbfinale in Leverkusen. «Spiele sind schöner als Training», sagte Robben zur geringen Schlagzahl im März: «Da muss man durch.»
Das Hertha-Spiel eröffnete den zähen Alltag. «Die letzten paar Prozente haben gefehlt», gab Niklas Süle zu. «Es fühlte sich relativ früh nach einem 0:0 an», sagte Hummels. Alle Bayern lobten den Gegner für bemerkenswerte Abwehrarbeit. Die Berliner verblüffen weiter mit einer starken Bilanz gegen die Topclubs. Schon im Hinspiel gelang ein 2:2 gegen die Bayern, in Leverkusen (2:0) und Leipzig (3:2) gab es sogar Siege und daheim gegen Borussia Dortmund ein 1:1.
«Ich kann meiner Mannschaft nur gratulieren. Hier einen Punkt mitzunehmen, ist eine großartige Sache», lobte Pal Dardai. Der Ungar wollte nach Saisonpunkt 31 den Blick nicht zu weit nach oben richten: «Ich will erstmal 40 Punkt. Das Ziel ist der zehnte Platz.»
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(dpa)