Raubüberfall auf US-Schwimmer offenbar erfunden

Rio de Janeiro – Der vermeintliche Raubüberfall auf US-Schwimmstar Ryan Lochte hat sich als Lügengeschichte entpuppt und bei den Behörden für mächtig Ärger gesorgt.

Nach Angaben der Polizei haben der sechsmalige Olympiasieger und seine drei Teamkollegen Jack Conger, Gunnar Bentz und Jimmy Feigen den Vorfall erfunden. Jetzt erwägt die brasilianische Polizei eine Anklage wegen Sachbeschädigung und Falschaussage gegen Lochte.

«Sie wurden nicht die Opfer des von ihnen behaupteten Verbrechens», sagte Rios Polizeichef Fernando Veloso am Donnerstag. Stunden später bestätigte das Nationale Olympische Komitee der USA im Wesentlichen die Angaben der brasilianischen Behörden.

Das USOC entschuldigte sich am späten Donnerstagabend (Ortszeit) bei den Olympia-Gastgebern. Das Verhalten der Schwimmer sei «weder akzeptabel, noch repräsentiere es die Werte des Teams USA», hieß es in einer USOC-Mitteilung in Rio de Janeiro. Der US-Schwimmverband denke über Strafen für die Beteiligten nach, sagte Generaldirektor Chuck Wielgus.

Videokameras der Tankstelle legten laut USOC nahe, dass ein Schwimmer in einer Toilette randaliert habe. Nach einer Auseinandersetzung mit zwei bewaffneten Sicherheitskräften hätten die Schwimmer Geld für den Schaden hinterlassen und daraufhin gehen dürfen.

Lochte hat das Land bereits Richtung Florida verlassen, Gunnar Bentz und Jack Conger wurden an der Ausreise gehindert und von der Justiz in Rio befragt. Beide haben am Donnerstagabend ein Flugzeug Richtung USA bestiegen. Sie hätten nichts mit der von Lochte erzählten Geschichte zu tun, betonte ihr Anwalt Serio Riera. Die beiden seien nur als Zeugen vernommen worden. «Sie haben keine falsche Aussage gemacht. Sie habe in ihrer Stellungnahme nicht gelogen.»

James Feigen hofft, als letzter verbliebener der vier Schwimmer nach einer «revidierten» Aussage Brasilien ebenfalls verlassen zu können. Die erste Version der Schwimmer hatte für erheblichen Wirbel gesorgt und die Sicherheitsdebatte um die Rio-Spiele ordentlich angeheizt.

Die Ungereimtheiten um den Überfall waren immer größer geworden. Der 32 Jahre alte Lochte hatte bereits Teile seiner Aussagen und Details relativiert. Dem US-Sender NBC News sagte der sechsmalige Olympiasieger am Mittwochabend, dass er und drei Teamkollegen überfallen worden seien, als ihr Taxi an einer Tankstelle gehalten habe. Zuvor hatte er erklärt, dass als Polizisten verkleidete Räuber das Auto angehalten hätten. Zudem habe ein Täter ihm eine Waffe nicht direkt an den Kopf gehalten, sondern sie nur auf ihn gerichtet.

Das Organisationskomitee hatte sich zunächst für den Vorfall entschuldigt, gab sich nach der neuesten Entwicklung aber nachsichtig. «Wir müssen verstehen, dass diese Burschen Spaß haben wollen. Sie stehen bei den Wettkämpfen unter gigantischem Druck», sagte Sprecher Mario Andrada. «Gebt den Jungs eine Pause. Manchmal machst du Sachen, die du später bereust. Sie sind großartige Sportler. Sie hatten Spaß, sie haben einen Fehler gemacht, das gehört zum Leben. Und das Leben geht weiter.»

Die Behörden haben den Vorfall indes ernster genommen. Die brasilianische Polizei will nun das FBI um Mithilfe bitten, um weitere Informationen von Lochte zu bekommen. Zudem sucht die Polizei laut der brasilianischen Tageszeitung «O Globo» nach mindestens drei Frauen, die mit Lochte und seinen Teamkollegen vor dem Zwischenfall auf einer Party im französischen Olympia-Haus im Stadtteil Lagoa gewesen sein sollen. Die Frauen sollen die Party mit den Schwimmern verlassen haben, berichtet die Zeitung. Auf dem Video sind sie aber nicht zu sehen.

Conger und Bentz hatten mit Lochte Gold über 4 x 200 Meter Freistil gewonnen, Feigen ist Olympiasieger über 4 x 100 Meter Freistil. Der Vorfall hatte sich am frühen Sonntagmorgen auf dem Weg ins Olympische Dorf in Rio ereignet.

Fotocredits: Patrick B. Kraemer
(dpa)

(dpa)
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