Puch Pinzgauer: Ackergaul für Arbeit und Abenteuer
Graz – Er ist ein durch und durch österreichischer Geländewagen, der zumindest abseits der Straße über alle Zweifel erhaben ist: der Puch Pinzgauer. Der wurde als großer Bruder des noch rustikaleren Puch Haflingers ursprünglich für die Armee entwickelt und erschien 1971.
Ihre Antwort auf Unimog & Co haben die Österreicher allerdings schon als Neuwagen auch an Zivilisten verkauft. Und vor allem als amtlich ausrangierter Gebrauchter zum Ende der militärischen Dienstzeit war und ist der Allradler ein gern genommener Ackergaul für Arbeiter und Abenteurer, erzählt Georg Thalhammer. Der Instruktor für die Entwickler des österreichischen Automobilzulieferers Magna kümmert sich auch um den historischen Fuhrpark der Grazer Firma. Deren Kollegen haben den Pinzgauer noch unter dem alten Firmennamen Puch auf die Räder gestellt und sich damit nicht zuletzt auf die Entwicklung des Mercedes G-Modells vorbereitet, das ein paar Jahre später folgte.
Wer sich zusammen mit Thalhammer im Pinzgauer den legendären Hausberg Schöckl hinauf kämpft, auf dem die Österreicher seit 1909 all ihre Prototypen erproben, der erlebt den Dinosaurier als einen der wenigen Klassiker, die sich für nichts zu schade sind. Auf dem automobilen Klettersteig zum 1445 Meter hohen Gipfel wühlt er sich tapfer durch den dicksten Dreck, kraxelt über kniehohe Bodenwellen, nimmt langsam aber stetig Steigungen, an denen auch gut trainierten Bergwanderern die Puste wegbleibt und rumpelt ohne Klagen über die übelste Buckelpiste. Auch Schnee oder Schlamm können ihn kaum stoppen.
«Es gibt wirklich kaum eine Aufgabe, die dem Pinzgauer zu schwer wäre», schwärmt der Instruktor, während das Lenkrad in den tiefen Furchen der ausgefahrenen Teststrecke so heftig zuckt, dass man am Steuer penibel auf seine Finger achten muss, wenn man keinen Knochenbruch riskieren mag. Es geht zwar oft nur im Kriechgang voran. Aber wenn erst einmal alle Sperren eingelegt sind und die Getriebeuntersetzung aktiv ist, kann den Pinzgauer kaum mehr etwas stoppen. Stoisch und genauso bedächtig wie die Arbeitspferde, die ihm seinen Namen gegeben haben, nimmt er härteste Hindernisse.
Thalhammer strahlt über das ganze Gesicht: Zwar wippt auch er auf dem dünnen Stoffsitz, als wäre er beim Bullenreiten auf dem Rummel. Doch gemessen an dem Höllenritt, den seine bis zu zwölf Passagiere hinten auf den längs montierten Pritschen mitmachen, fährt er im fünf Meter langen Planwagen wie in der First Class. Und mit dem Verdeck plagt er sich auch schon lange nicht mehr herum: «Das abzubauen, ist eine Strafarbeit, die Tage dauert», erinnert er sich an seine Zeit beim Bundesheer. Davon lasse jeder vernünftige Sammler die Finger.
Auf der Straße fühlt man sich im Pinzgauer fehl am Platz. Schon auf der Landstraße kommt man kaum hinterher. Im Stadtverkehr stöhnt man über das unhandliche Format und die schwere Arbeit am spindeldürren Lenkrad. Auf der Autobahn kann man den 2,5 Liter großen Fünfzylinder-Diesel aus alten Audi-Tagen noch so sehr quälen: «Mehr als 110, 120 Sachen sind beim besten Willen nicht drin.»
Mit der Entwicklung wurde bereits 1964 begonnen. Mehr als 30 000 Exemplare in den unterschiedlichsten Konfigurationen mit Benzin- oder Dieselmotor als 4×4 oder als 6×6 mit drei angetriebenen Achsen wurden gebaut, bevor die Produktion 2000 in Graz eingestellt und an das englische Unternehmen Automotive Technik verkauft wurde.
Nachdem diese Firma selbst mehrfach veräußert, umbenannt und fusioniert wurde, verliert sich für Thalhammer die Spur. Selbst die Experten können nicht so recht sagen, ob es noch eine Lizenzproduktion gibt. Gebrauchtwagen kosten ab 15 000 Euro. Thalhammer taxiert ein gut erhaltenes Auto wie das Museumsfahrzeug auf etwa 40 000 Euro. Allerdings wird das Angebot immer dünner. Die meisten Militärfahrzeuge sind mittlerweile ausgemustert, daher kommen keine großen Chargen mehr gleichzeitig auf den Markt.
Fotocredits: Tom Schuller,Tom Schuller,Tom Schuller,Tom Schuller,Tom Schuller
(dpa/tmn)