Pechstein als mögliche Fahnenträgerin: «Motivation pur»
Berlin – Kaum war Claudia Pechstein zur Kandidatin als deutsche Fahnenträgerin aufgestiegen, schaltete Deutschlands erfolgreichste Winter-Olympionikin in den Angriffsmodus.
«Das bestärkt mich darin, meinen Kampf gegen die Ungerechtigkeit, die ich ertragen musste, auch juristisch bis zum Ende weiter zu führen», sagte die wegen ihrer Vergangenheit umstrittene Eisschnellläuferin: «Wenn ich bei meiner siebten Olympiateilnahme nun die deutsche Fahne ins Stadion tragen dürfte, wäre das eine große Ehre für mich und Motivation pur.»
Pechstein gilt als kontroverse Wahl, weil sie vor einigen Jahren aufgrund erhöhter Blutwerte wegen Doping-Verdachts gesperrt war. Trotzdem gehört die Berlinerin zu den fünf Kandidaten für die Rolle des Fahnenträgers bei der Eröffnung der Winterspiele in Pyeongchang. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) benannte die 45-Jährige in der Vorauswahl neben Skirennfahrerin Viktoria Rebensburg, Rodlerin Natalie Geisenberger, dem Nordischen Kombinierer Eric Frenzel und Eishockey-Nationalspieler Christian Ehrhoff.
Die Nominierung mache sie «sehr glücklich», sagte Pechstein und ergänzte: «Es würde sich ein großer Traum erfüllen, vergleichbar mit dem Gewinn einer zehnten Olympiamedaille.» Aufgrund des Doping-Verdachts seien ihr die Spiele 2010 in Vancouver «gestohlen» worden, betonte die Altmeisterin, die 1992 in Albertville erstmals bei Olympia dabei war. Eine DOSB-Expertenkommission hatte Pechsteins Sperre später als «Fehlurteil» bewertet. Sie sei «Opfer, nicht Täter», sagte DOSB-Chef Alfons Hörmann und verwies auf ihre Erfolge von «historischem Ausmaß». Er habe aber «Verständnis, dass der eine oder andere auch Skepsis» habe.
«Mein Dank gehört dem DOSB, der damit meine Rehabilitierung unterstreicht und mir die gleiche faire Chance auf die Rolle der Fahnenträgerin einräumt wie den anderen vier verdienten Athleten», sagte Pechstein, die in Südkorea ihre siebten Winterspiele absolviert. Dabei kann sie auch auf die Unterstützung ihres Partners Matthias Große vertrauen, der vom DOSB trotz Kritik eine Betreuer-Akkreditierung als Mentalcoach erhielt. Von Große sollen sich in der Vergangenheit Funktionäre und Mitglieder des Bundestags-Sportausschusses bedroht gefühlt haben, der Berliner bestreitet dies aber.
Über den Fahnenträger entscheiden Fans in einer Internet-Abstimmung auf teamdeutschland.de sowie die Athleten der deutschen Olympia-Mannschaft. Die Abstimmung läuft bis zum 4. Februar. Beide Voten kommen zu gleichen Teilen in die Wertung. Das Ergebnis wird am 8. Februar verkündet, einen Tag vor der Eröffnungsfeier.
Als Kriterien der Auswahl nannte der DOSB neben bisherigen Erfolgen und einer möglichst großen Vielfalt der Kandidaten auch ihre Vorbildwirkung. Die Nominierten müssten «nicht nur mit ihren Erfolgen, sondern auch mit ihrer Persönlichkeit und Haltung einen fairen und manipulationsfreien Leistungssport verkörpern», hieß es. Es habe im 154-köpfigen deutschen Olympia-Kader «weitaus mehr» Kandidaten für die Rolle gegeben. Biathletin Laura Dahlmeier oder Rodler Felix Loch beispielsweise konzentrieren sich aber auf ihre einen Tag nach der Eröffnungsfeier beginnenden Wettkämpfe.
Bis auf Eishockey-Profi Ehrhoff haben alle Fahnenträger-Kandidaten bereits olympisches Gold gewonnen, Pechstein sogar schon fünfmal. Geisenberger («Was für eine Ehre!») feierte vor vier Jahren zwei Olympiasiege in Sotschi, Frenzel triumphierte dort im Einzelrennen der Kombinierer. Rebensburg gewann 2010 in Vancouver den Riesenslalom. «Es ist eine Riesenehre, in diesem Kandidatenkreis neben solchen Top-Sportlern dabei sein zu dürfen. Allein schon die Nominierung erfüllt mich mit großem Stolz», sagte Nationalverteidiger Ehrhoff von den Kölner Haien. Und Kombinierer Frenzel sagte am Rande der Wettbewerbe in Seefeld: «Ich würde mich sehr freuen und wäre sehr stolz, wenn es klappen würde. Zudem wäre es auch eine zusätzliche Motivation für die Wettbewerbe.»
Fotocredits: Tobias D. Höhn
(dpa)