Pauschalurlauber kann nach Unfall auf Entschädigung hoffen
Karlsruhe – Das Hotel auf Lanzarote sollte möglichst barrierefrei sein, denn der Pauschalurlauber war wegen der Amputation seines linken Beines auf Prothese und Krücke angewiesen. Als der Bremer bei Regen zu Fuß eine nasse Rollstuhlrampe vor dem Eingang betrat, stürzte er. Nun kann er auf Entschädigung durch den Reiseveranstalter hoffen.
Der
Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hob ein anderslautendes Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Celle auf. Die Richter in Niedersachsen müssen den Fall neu verhandeln – und prüfen, ob das Hotel auf der spanischen Insel überhaupt die geltenden Standards für den Belag der Rampe eingehalten hatte. Ob Warnschilder auf die Rutschgefahr hinwiesen oder nicht, sei dabei zweitrangig, so der BGH (Aktenzeichen BGH – X ZR 110/18).
Das OLG war der Ansicht gewesen, dass der Mann vorsichtiger hätte sein oder mindestens hätte beweisen müssen, dass es keine Warnschilder gab. Zu kurz gegriffen, urteilten die BGH-Richter. Ein Warnschild warne ja lediglich vor Gefahren, die selbst dann noch bestehen, wenn Vorschriften eingehalten werden. Letzteres müsse zuerst geklärt werden.
Mit seiner Entscheidung verweist der BGH erneut auf die Bedeutung der sogenannten Verkehrssicherungspflichten: Die geben dem Reiseveranstalter etwa auf, seine Hotelanlagen zu prüfen und alles zu tun, um seine Kunden vor Schaden zu bewahren. Andererseits, so der Jurist und Reiseexperte Paul Degott, könnten Veranstalter durch den Urteilsspruch künftig entlastet werden: «Im Zweifelsfall ziehen sie sich auf örtliche Baustandards zurück.»
Der Urlauber hatte gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin eine Flugpauschalreise nach Lanzarote gebucht. Gleich am Tag nach der Anreise im März 2016 fiel der Mann aber auf der nassen Rollstuhlrampe hin, als er das Hotel verlassen wollte, und brach sich das Handgelenk. Er klagte, scheiterte aber in den Vorinstanzen.
Der Mann aus Bremen will unter anderem gut 10.500 Euro zurückhaben, außerdem beansprucht er Schmerzensgeld und Schadenersatz. Die BGH-Entscheidung vom 14. Januar hilft ihm nun. Sein Mandant sei aber längst noch nicht am Ziel, sagte sein BGH-Anwalt Andreas Hansmeier. Sollte das OLG indes feststellen, dass spanische Sicherheitsstandards nicht eingehalten wurden, wäre der Kläger einen großen Schritt weiter. Das beklagte Reiseunternehmen Tui äußerte sich mit Verweis auf das laufende Verfahren nicht.
Gerichtsentscheidungen zur Verkehrssicherungspflicht sind inzwischen zahl- und facettenreich. Ein Sturz auf nassen Fliesen eines Swimmingpools gehört demnach zum allgemeinen Lebensrisiko. Für die Sicherheit einer Wasserrutsche in einer Hotelanlage ist hingegen der Reiseveranstalter verantwortlich. Erst im Juni 2019 hatte der BGH in einer ähnlichen Entscheidung festgehalten, dass es nicht nur auf Warnhinweise, sondern auch auf Einhaltung von örtlichen Bauvorschriften ankomme.
Wie das Verfahren für den Bremer Touristen im vorliegenden Fall letztendlich ausgeht, ist nun wieder offen. Die Rampe übrigens, auf der er 2016 so unglücklich gestürzt war, wurde inzwischen ausgetauscht.
Fotocredits: Tobias Hase
(dpa)