Papa Ibisevic vermiest Gisdols HSV-Debüt

Berlin – Markus Gisdol demonstrierte trotz seines verpatzten Debüts als HSV-Trainer Ruhe und Zuversicht.

«Wir haben eine erste gute Visitenkarte abgegeben. Wir werden weiter arbeiten, wir werden das schon hinbekommen», sprach er seiner Mannschaft trotz des 0:2 bei Hertha BSC durch den 20. Doppelpack des Neu-Papas Vedad Ibisevic Mut zu. In den Katakomben des Berliner Olympiastadions passte Gisdols schwarzer Pullover zum deprimierenden HSV-Start mit der fünften Niederlage nacheinander. Nur ein Punkt – schlechter war das Gründungsmitglied der Fußball-Bundesliga nach sechs Spieltagen noch nie. Und so erwartet auch Torhüter René Adler einen «langen, steinigen Weg».

Im Spiel beim Tabellen-Zweiten aus der Hauptstadt waren neue Impulse deutlich erkennbar. In den schreiend grellen Auswärtstrikots setzten die Hamburger bei grauem Schmuddelwetter Gisdols Systemänderung mit einem zweiten Stürmer gut um. Nur sechs Torschüsse hatte Hamburg in den fünf Bundesligaspielen zuvor verzeichnet, nun zählte Gisdol immerhin schon «16 Torschüsse». Das Dilemma aber brachte Adler auf den Punkt: «Wir arbeiten extrem viel und die Kugel will irgendwie nicht rein. Wir brauchen ein Erfolgserlebnis.»

Ein Abseitstor und der Freistoß ans Lattenkreuz des Ex-Berliners Pierre-Michel Lasogga waren immerhin sichtbare Zeichen verbesserter Hamburger Offensivbemühungen. «Das ist echt ärgerlich. Wir haben bessere Torchancen in der ersten Hälfte, aber Hertha ist einfach kaltschnäuziger», sagte Lasogga enttäuscht. Trotzdem wirkte er nicht mutlos. Die Leistungssteigerung wurde von den etwa 6000 mitgereisten HSV-Fans unter den 57 656 Zuschauern nach dem Spiel mit Applaus goutiert.

Vor dem Spiel hatte die Statistik den Hamburgern noch Hoffnung gemacht. Gisdol hatte als Hoffenheimer Trainer mit einem 5:0 in Berlin einst seinen höchsten Bundesligasieg gefeiert. Nun verlor er als vierter HSV-Neutrainer sein Debüt. In der Länderspielpause ist Gisdol mit dezimiertem Kader gefordert, gegen den nächsten Bundesliga-Hochkaräter die Trendwende zu schaffen: In zwei Wochen kommt Borussia Mönchengladbach in den Volkspark.

Gelassen geht der Hauptstadt-Club in die Auszeit: Tabellenzweiter mit 13 Punkten – besser stand die Hertha nach sechs Spieltagen noch nie da. Vor allem auch wegen Ibisevic: Am späten Freitagabend war er bei der Geburt seiner Tochter Zejna dabei, 19 Stunden später feierten der Berliner Kapitän samt Team an der Eckfahne seine Tore und den Nachwuchs mit kollektivem Wiege-Jubel.

«Ein perfekter Tag», kommentierte Ibisevic beinahe zurückhaltend seine Glücksmomente. Seine Treffer standen für die andauernde Berliner Effizienz, die der HSV auch gerne hätte. Eine bessere Torquote hat kein anderer Bundesligist.

Zweimal hatten die Berliner Aluminium getroffen, dann traf Ibisevic. In der 29. Minute ebenso ähnlich schnörkellos wie in der 70. mit einem souverän verwandelten Foulelfmeter. Mit 97 Bundesliga-Treffern überflügelte Ibisevic seinen bosnischen Landsmann, den ehemaligen HSV-Spieler Sergej Barbarez. Sieben der 14 Hertha-Tore in Pflichtspielen hat Ibisevic in dieser Saison erzielt.

«Ein gutes Timing», sagte Trainer Pal Dardai zur rechtzeitigen Vaterschaft seines Topstürmers. Sein Gespür für den richtigen Zeitpunkt hatte der Ungar schon vor dem Bundesligastart bewiesen, als er Ibisevic nach der verpassten Europa-League-Qualifikation das Kapitänsamt übertragen hatte. Seitdem hat die Hertha einen Lauf.

Fotocredits: Maurizio Gambarini
(dpa)

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