Okavango-Delta in Botswana: Im Einbaum auf dem Hippo-Highway
Kasane – Patrick will gerade zur Landung auf der schmalen Sandpiste ansetzen, als er die Giraffenherde sieht. «Wir müssen noch mal eine Runde drehen, bis die Tiere verschwunden sind», sagt der Buschpilot und zieht die kleine Cessna-Propellermaschine wieder hoch.
Den Safari-Gästen ist schon jetzt klar: Das Okavango-Delta in
Botswana gehört zu den erstaunlichsten Landschaften Afrikas. Die Sumpflandschaft ist ein schier endloses Labyrinth aus kleinen Inseln, Lagunen und Feuchtgebieten. Der aus dem Hochland Angolas kommende Okavango-Fluss bildet hier mit 15 000 Quadratkilometern das größte Binnendelta der Welt. Der Wasserreichtum in der sonst recht kargen Region im Norden Botswanas macht das Delta zu einem der wichtigsten Rückzugsgebiete für Tiere im südlichen Afrika. In der Trockenzeit erreicht man zwar einige Lodges im Geländewagen. Doch zu den meisten kommt man nur mit kleinen Buschfliegern oder per Boot.
Patrick landet sicher auf dem Busch-Flughafen der «Xigera»-Lodge. Sie liegt auf der kleinen Paradise-Insel mitten im Moremi-Wildreservat im Herzen des Okavango-Deltas. Botswana setzt seit Jahren auf exklusiven Individualtourismus und vergibt innerhalb seiner Naturparks private Wildreservat-Konzessionen, die von luxuriösen Lodge- und Safari-Betreibern geführt werden. Wer also im Okavango-Delta auf Safari geht, hat die Tiere wie zu Entdeckerzeiten fast für sich alleine. Die meisten Lodges beherbergen maximal 20 Gäste.
Die Exklusivität und der Luxus der Camps haben aber natürlich auch ihren Preis – und zwar gut und gerne 400 Euro pro Nacht und Person. Und dabei handelt es sich nicht einmal um die teuersten Lodges. Die Fahrt vom Busch-Flughafen zum Camp lässt schon erahnen, was die Gäste hier jenseits ausgetretener Safari-Routen erwartet: Kudus, Antilopen, Zebras und Giraffen stehen wie ein Begrüßungskomitee Spalier.
Safari-Lodge-Guide Rider bittet die Gäste, unter den neugierigen Blicken einer Affenhorde vom Jeep aufs Motorboot umzusteigen, da das Camp auf einem anderen Inselchen liegt. Und schon folgt der erste Adrenalinkick: 20 Meter vor der Lodge kommt plötzlich ein junger Elefantenbulle aus dem Schilf. Das gewaltige Tier ist fast genauso erschrocken wie die Gäste. Rider hält sofort den Motor an und legt den Rückwärtsgang ein. «Keine Sorge. Er zieht schon weiter.»
In der Lodge werden die Gäste über lange Holzstege in ihre Zelte gebracht. Wobei man die Luxushütten aus Holz und Stoff kaum Zelte nennen kann. Die Möbel sind aus edlen Hölzern, die Waschbecken aus Kupfer. Die Zelt-Hütten stehen am Uferrand. Direkt vor der Terrasse zieht gemütlich eine riesige Elefantenherde entlang. Willkommen in Botswana, dem Land mit der höchsten Elefantenpopulation Afrikas.
Die Luxus-Camps sind sehr umweltbewusst, der Service ist perfekt, das Essen erstklassig. Am Abend sitzt man in kleiner Runde am Lagerfeuer, schaut in den Sternenhimmel und hört der Wildnis zu. Das Schnaufen der Elefanten und Flusspferde würde man aber lieber in weiter Ferne vermuten und nicht zehn Meter neben der Feuerstelle.
So viel Luxus mitten in der afrikanischen Wildnis erinnert einen manchmal unangenehm an alte Entdeckerzeiten, in denen sich weiße Kolonialherren und reiche Abenteurer aus Europa von schwarzen Einheimischen von vorne bis hinten bedienen ließen.
Der nächste Tag wird allerdings zu einer äußerst angenehmen Zeitreise in Entdeckerzeiten: Vorbei an unzähligen Seerosen gleiten wir lautlos im Mokoro durch die schmalen, von Papyrus gesäumten Wasserkanäle, welche die Flusspferde auf ihren Wanderungen hinterlassen. «Deshalb nennen wir sie auch gerne Hippo-Highways», sagt Rider.
Mokoros sind schmale Einbaumkanus. Rider flüstert: «Wir müssen nun aber ganz still sein. Wir kommen jetzt auf einen See und möchten kein Flusspferd erschrecken. Das kann gefährlich werden.» Der Guide stößt das Mokoro mit seiner Stocherstange so sanft an, dass selbst die scheuen Königsfischer und seltenen Moor-Antilopen erst in letzter Sekunde aufschrecken. Im Schilf sonnen sich Krokodile. Auf einer kleinen Insel grasen friedlich Wasserbüffel, Impalas und Giraffen. Die Ruhe ist unbeschreiblich.
Plötzlich tritt ein mächtiger Elefantenbulle aus dem hohen Schilf heraus ins Wasser und weist mit einem heftigen Trompeten darauf hin, dass hier Elefanten beim Kreuzen Vorfahrt haben. Ihm folgen mehrere Weibchen und eine ganze Horde von Elefantenbabys und Jungtiere. Rider taucht die Holzstange wieder ins hüfttiefe Wasser und gibt dem Kanu einen kräftigen Stoß. So dürften auch die ersten Europäer das Okavango-Delta entdeckt haben. Man denkt an den Werbeslogan des Fremdenverkehrsamtes: «Botswana, Afrikas bestgehütetes Geheimnis». Hier ist man mitten drin und fast alleine.
Das Okavango-Delta
Anreise: Mit South African Airways oder Lufthansa über Johannesburg nach Kasane oder Maun. Von dort mit Wilderness Air oder Mack Air in die jeweiligen Lodges und Privatreservate.
Einreise: Deutsche erhalten bei der Einreise ein kostenloses Touristenvisum für Aufenthalte von bis zu 90 Tagen. Für die Einreise ist ein noch sechs Monate gültiger Reisepass notwendig.
Reisezeit: Die beste Reisezeit für Tierbeobachtungen ist die Trockenzeit von Juli bis Mitte November.
Übernachtung/Safaris: Es gibt zahlreiche, luxuriöse Lodges im All-Inclusive-Stil, die mit Preisen ab 400 Euro pro Person und Tag aber relativ kostspielig sind.
Gesundheit: Für Botswana sind keine Impfungen vorgeschrieben oder notwendig. Aufgrund der Malaria-Gefahr in Teilen des Okavango-Deltas ist eine tropenärztliche Beratung vor der Reise aber zu empfehlen.
Informationen: Botswana Tourism Organisation, Karl-Marx-Allee 91 A, 10243 Berlin, Tel.: 030/42 02 84 64.
Fotocredits: Manuel Meyer,Manuel Meyer,Manuel Meyer,Manuel Meyer,David Luck,Grant Atkinson,Botswana Tourism,Botswana Tourism,Botswana Tourism,Manuel Meyer,Manuel Meyer,Manuel Meyer,Manuel Meyer,Manuel Meyer,Alex Mazunga,dpa-infografik GmbH
(dpa/tmn)