Niedersächsisches Hoch-Sicherheits-Derby im Fokus

Hannover (dpa) – Die Sicherheitsbedenken vor dem brisanten Zweitligaderby Hannover 96 gegen Eintracht Braunschweig sind groß wie nie. Nach dem Anschlag auf den Mannschaftsbus von Borussia Dortmund treten sportliche Überlegungen bei aller Brisanz im Niedersachsenduell am Samstag in den Hintergrund.

«Es sollte alles friedlich bleiben. Das ist unser größter Wunsch. Dass sich die Mannschaften ausschließlich auf dem Platz sportlich bekämpfen», appellierte 96-Sportchef Horst Heldt nach dem Anschlag in Dortmund. Braunschweigs Coach Torsten Lieberknecht äußerte sich ähnlich: «Das Spiel wird auf dem Platz entschieden.»

Die ohnehin großen Sicherheitsvorkehrungen vor dem Duell, bei dem es in der Vergangenheit immer wieder zu Ausschreitungen gekommen war, wurde noch einmal verstärkt: Mehr Polizei, ein Taschenverbot und Sprengstoffhunde rund um die Arena am Maschsee sollen die erwarteten 1500 gewaltbereiten Fans im Zaum halten und einen weiteren Anschlag verhindern. «Wir sollten den Verantwortlichen vertrauen, dass wir ein tolles Derby erleben», sagte 96-Coach André Breitenreiter.

Politiker nutzten die Vorkommnisse von Dortmund, alte Diskussionen noch einmal aufzuwärmen. Dass am Oster-Wochenende – mitten in der Ferienzeit und mit etlichen anderen Veranstaltungen – ausgerechnet die ohnehin schon brisanten Derbys Hannover gegen Braunschweig am Samstag und Werder Bremen gegen den Hamburger SV am Sonntag stattfinden, wirkt im Nachhinein nun noch unglücklicher als ohnehin.

«Die Deutsche Fußball Liga DFL hat sich leider über sehr ernsthafte Bedenken der niedersächsischen Sicherheitsbehörden hinweggesetzt», sagte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil der Deutschen Presse-Agentur. Ungeachtet der Dortmunder Vorfälle hatte Weils Innenminister Boris Pistorius vergeblich versucht, eine Ansetzung des Zweitliga-Duells am Oster-Wochenende zu verhindern. «Mit ihrer Entscheidung hat die DFL auch eine gewisse Verantwortung übernommen, das sage ich sehr deutlich», sagte der SPD-Politiker Weil.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) Niedersachsen wies ebenfalls auf den aus ihrer Sicht unglücklichen Termin hin: «Die Belastung der Polizei ist aufgrund diverser anderer Einsatzlagen und auch wegen des täglichen Dienstgeschäftes enorm hoch, so dass hier ein umsichtiges Vorgehen der Deutschen Fußball Liga notwendig gewesen wäre.»

Neben Vorwürfen reagierte die Polizei mit einem verschärften Konzept. «Die Polizeipräsenz am Stadion wird nochmals verstärkt», teilte 96 mit. Laut Polizei-Einsatzleiter ist «die gesamte niedersächsische Bereitschaftspolizei» im Einsatz. Die Beamten würden diesmal auch Ordner bei den Einlasskontrollen unterstützen. «Zudem wurde entschieden, dass keine Rucksäcke oder größere Taschen mit in die HDI Arena gebracht werden dürfen.» Polizeivizepräsident Jörg Müller sprach von einer «Herkulesaufgabe». Bereits beim Hinspiel im November 2016 waren rund 2600 Landes- und Bundespolizisten im Einsatz.

Dass sich die Rivalen sechs Spieltage vor dem Saisonende im Kampf um den Bundesliga-Aufstieg direkt duellieren, birgt zusätzliche Brisanz. Braunschweig kommt als Tabellenzweiter (54 Punkte) zum -dritten (53). «Wir haben die Möglichkeit, den Nachbarn zu überholen und auf einen direkten Aufstiegsplatz zu springen», sagte Breitenreiter, und Heldt meinte: «Es ist ein sehr, sehr wichtiges Derby. Wir versuchen, dem Ganzen gerecht zu werden.»

Letztere Aussage ließe sich auch auf das Drumherum beziehen. «Es wird kein Endspiel, danach sind noch genügend Punkte zu vergeben», sagte Breitenreiter. Überhaupt war die Sachlichkeit der Verantwortlichen in den vergangenen Tage auffällig. «Wir wissen, dass es für die Fans ein wichtiges Spiel ist. Für uns ist es halt ein Fußballspiel», sagte Braunschweigs Ken Reichel, der die Eintracht am Montag zum wichtigen 1:0-Sieg gegen Dresden geschossen und damit in der Tabelle vor 96 gehalten hatte. Rein statistisch sind die Gäste im Vorteil: Der bislang letzte Derbysieg Hannovers liegt fast 20 Jahre zurück.

Fotocredits: Peter Steffen

(dpa)
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