Neun Pokal-Gastgeber auf (weiten) Reisen
München – Ein paar genervte Anwohner brocken den Würzburger Kickers ein Heimspiel in 100 Kilometern Entfernung ein – die TuS Koblenz muss als Gastgeber sogar absurde 430 Kilometer weit reisen. Die zwei Vereine sind die prominentesten Umzügler in der ersten Pokal-Runde.
Während sich – wie jedes Jahr – kleinere Amateurclubs größere Fußballstadien in der Nähe suchen, um Zuschauerzahl und Einnahmen zu erhöhen, hätten sich Würzburg und Koblenz ihre Auswärtsfahrten zu den Heimspielen gern erspart.
WÜRZBURGER KICKERS (gegen Werder Bremen – 12. August, 20.45 Uhr)
«Das ist natürlich nicht schön für alle Beteiligten», sagte ein Kickers-Sprecher zu der nach Offenbach verlegten Partie gegen Werder Bremen. Deutlicher wurde Rudi Völler bei einer Podiumsdiskussion am Montag. «Das ist ein Unding», schimpfte der Leverkusener Manager über den Zwangsumzug in das Stadion seine Ex-Clubs. Wegen einer Klage von sechs Anwohnerparteien darf in Würzburg kein Spiel nach 19.30 Uhr angepfiffen werden. Eine Vorverlegung der für 20.45 Uhr geplanten Partie kam für den DFB zu kurzfristig. Das fast eineinhalb Autostunden entfernte Offenbach war die bestmögliche Lösung; der Verein organisiert Busse. Hohe Einnahmeverluste sind zu befürchten.
TUS KOBLENZ (gegen Dynamo Dresden – 11. August, 19.00 Uhr)
Weil die Sanierung der Leichtathletikbahn im Stadion Oberwerth nicht rechtzeitig abgeschlossen werden konnte, weichen die Rheinländer für die Partie gegen den Zweitligisten Dynamo Dresden ins 430 Kilometer entfernte Zwickau aus. Weiter musste eine deutsche Mannschaft wohl noch nie zu einem Heimspiel anreisen. Zuvor hatte es nur Absagen bei Alternativstandorten wie Mainz, Wiesbaden und Köln gegeben. Wegen des schlechten Rufs der Dresdner Fans untersagte Nordrhein-Westfalen sogar für das gesamte Bundesland die Austragung des Spiels. Die Dresdner müssen übrigens nur noch rund 130 Kilometer reisen. Immerhin übernimmt die Stadt Koblenz Mehrkosten in Höhe von 50 000 Euro.
1. FC RIELASINGEN-ARLEN (gegen Bor. Dortmund – 12. August, 15.30 Uhr)
Der Verbandsligist weicht in das Schwarzwald-Stadion des SC Freiburg aus. Der eigene Sportplatz in der Nähe der Schweizer Grenze und des Bodensees bietet nur etwa 1500 Zuschauern Platz. Bei einem kleineren Gegner war ein Umzug nach Singen (5000 Zuschauer) geplant. Für den BVB war Freiburg mit einer Kapazität von 22 000 Zuschauern die einzige echte Option. Dafür nimmt der Dorfclub eine Anreise von rund 100 Kilometern in Kauf. «Jeder von uns ist irgendwie Freiburg-Fan», sagte Sprecher Oliver Ley. 21 000 Karten wurde bislang verkauft.
SPORTFREUNDE DORFMERKINGEN (gegen RB Leipzig – 13. August, 15.30 Uhr)
Der Verbandsligist verlässt den heimischen Dorfplatz am Sportgelände Felsenstraße und bestreitet das Duell gegen RB in der Ostalb-Arena des VfR Aalen in rund 20 Kilometern Entfernung. In das Stadion des Drittligisten passen 14 500 Zuschauer, die Sportfreunde hoffen auf 13 000 Gäste. Die Stadt Aalen vermietete die Arena günstig.
TUS ERNDTEBRÜCK (gegen Eintracht Frankfurt – 12. August, 15.30 Uhr)
Der West-Regionalligist TuS Erndtebrück zieht nach Siegen um. Das gut 30 Kilometer entfernte Leimbachstadion fasst 18 500 Zuschauer, zu Wochenbeginn waren mehr als 11 000 Karten abgesetzt. Der Club bietet Pendelbusse an. Schon die erste Pokalrunde der Saison 2015/16 wurde nicht in der heimischen Pulverwaldkampfbahn, sondern in Siegen ausgetragen. Der sportliche Erfolg hielt sich beim 0:5 gegen Darmstadt in Grenzen.
SV MORLAUTERN (gegen Greuther Fürth – 13. August, 15.30 Uhr)
Der Fünftligist aus einem Ortsteil von Kaiserslautern trägt seine Heimspiele normalerweise auf einem Kunstrasenplatz aus. Das ist im DFB-Pokal nicht zulässig. Morlautern träumte daher von einem Umzug ins Fritz-Walter-Stadion, doch daraus wurde nichts. Nun steigt die Partie gegen den Zweitligisten SpVgg Greuther Fürth in Pirmasens.
LEHER TS (gegen 1. FC Köln – 12. August, 15.30 Uhr)
Die Leher Turnerschaft von 1898 zieht ins Nordseestadion, wo sonst der OSC Bremerhaven spielt. Die idyllische LTS-Sportanlage im Stadtpark Speckenbüttel ist zu klein. Deshalb wählte der Verein – wie schon 2005 und 2006 der FC Bremerhaven gegen den FC Schalke 04 und den VfL Wolfsburg – das größte Stadion der Stadt als Austragungsort. Wegen der Sicherheitsauflagen passen 8500 Zuschauer hinein.
SV EICHEDE (gegen 1. FC Kaiserslautern – 12. August, 15.30 Uhr)
Der Oberligist aus Schleswig-Holstein hätte die Partie «am liebsten bei uns im Dorf ausgerichtet», wie Vereinschef Olaf Gehrken sagte. Dort hätten 3000 Fans Platz gefunden, im Stadion an der Lohmühle in Lübeck sind es rund 13 000. Deshalb zieht der Club in die Hansestadt.
FC NÖTTINGEN (gegen VfL Bochum – 13. August, 15.30 Uhr)
Der Oberligist tritt im Wildparkstadion in Karlsruhe an. «Diese Entscheidung stand schon vor der Auslosung, egal, wer gekommen wäre», berichtete Geschäftsführer Dirk Steidl. Der Verein spielte schon zweimal in Karlsruhe, wo maximal knapp 30 000 Zuschauern reinpassen.
Fotocredits: Bernd Thissen
(dpa)