Nach Kosovo-Gold und Djokovic-Aus: Serbien unter Schock
Belgrad – Serbien ist sprachlos, geschockt und emotional tief getroffen. Das kleine Kosovo, das von Serbien trotz seiner Unabhängigkeit immer noch als eigenes Staatsgebiet beansprucht wird, hat bei seinem ersten Olympia-Auftritt gleich Gold geholt.
Judofrau Majlinda Kelmendi hat ihre Landsleute in Jubeltaumel versetzt. Für Serbien, das sich den Albanern traditionell überlegen fühlt, kam es dagegen schlimm. Denn Novak Djokovic, dessen Goldmedaille als Tennis-Weltranglistenerster fix eingeplant war, schied schon in der ersten Runde aus.
«Der Beginn der Spiele könnte für Serbien nicht schwärzer sein», schrieb die größte Zeitung «Blic» am Montag in Belgrad. Und der «Kurir» ergänzt: «Die schmerzhafte Wahrheit ist: Kosovo hat vor Serbien eine Medaille bei den Spielen eingeheimst». Vor allem der Kosovo-Erfolg macht die serbischen Medien sprachlos. Die meisten Blätter verschweigen ihn schlicht oder bringen ihn im Miniformat und und versteckt hinten.
Dabei hatte Serbiens Sportminister Vanja Udovicic noch am Sonntag vermeintlich Stärke und Überlegenheit demonstrieren wollen. Er riet den Sportlern, selbst eine Siegerehrung unter Protest zu verlassen, sollten Kosovo-Athleten mit auf dem Podest stehen. Man könne die Kosovo-Fahne und die Nationalhymne einfach nicht ertragen, weil der seit acht Jahren und von über 110 Ländern anerkannte jüngste europäische Staat für Belgrad schlicht nicht existiere.
Die zweite bei Olympia ausgeschiedene serbische Tennishoffnung, Viktor Troicki, ließ das Gleiche wissen. «Kosovo ist ein erfundener Staat», behauptete er in Rio. Weil so viel Politik auf Kosten des Sports gespielt wird, witzelte der serbische Journalist Boris Jovanovic auf Twitter: «Welche Ziele hat Serbien bei den Spielen? Das Wichtigste ist, dass wir verhindern, dass sich der serbische Kanufahrer in die Kosovo-Judoathletin verliebt».
Doch die Regierungszeitung «Novosti» hält ein kleines Trostpflaster bereit. «Medaille für serbische Soldaten» heißt es auf der Titelseite des Blatts. Im Innenteil wird aufgeklärt: «Bei den internationalen Wettkämpfen der Ingenieure „Offenes Wasser“ in Murom am Oka-Fluss im Bezirk Wladimir haben die Vertreter der serbischen Armee die Bronzemedaille gewonnen.»
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(dpa)