Nach 54 Spielen: Frankfurts Marathon-Männer urlaubsreif
Frankfurt/Main – Nach der emotionalen Verabschiedung von Urgestein Marco Russ freute sich Adi Hütter auf den Sommer-Urlaub in seiner Heimat Österreich.
«Ich will ein wenig abschalten und Verwandte besuchen», sagte der Trainer von Eintracht Frankfurt am Ende einer Marathon-Saison mit 54 Pflichtspielen. Seine Schützlinge waren nach dem 3:2 (2:0) gegen Absteiger SC Paderborn ebenfalls urlaubsreif. «Ich gebe den Jungs gerne vier Wochen frei, damit sie sich geistig und körperlich auf Vordermann bringen können», sagte Hütter. «Sie haben sich den Urlaub verdient.»
Als Tabellenneunter mit 45 Punkten schloss die Eintracht die Corona-Saison in der Fußball-Bundesliga ab. Unmittelbar nach dem Abpfiff am Samstag versammelte der 50 Jahre alte Österreicher die komplette Mannschaft noch einmal am Mittelkreis. Mit herzlichen Worten verabschiedete er neben Gelson Fernandes vor allem Oldie Russ in den sportlichen Ruhestand.
Eigentlich wollte Hütter dem 34 Jahre alten Familienvater zum Karriereende noch einen Kurzeinsatz schenken. Dazu kam es jedoch nicht, weil die Eintracht einen sicheren 3:0-Vorsprung durch die Tore von Sebastian Rode (9. Minute), André Silva (32.) und Bas Dost (52.) fast noch verspielt hatte. «Das hat mich ein bisschen gestört», bekannte Hütter. «Er hat 22 Jahre lang die Knochen für Eintracht Frankfurt hingehalten. Aber wir wollten das Spiel unbedingt gewinnen.» Nach den Gegentoren von Mohamed Dräger (55.) und Sven Michel (75.) stand der Sieg auf der Kippe.
Russ nahm es gelassen, dass zu seinen 353 Pflichtspielen kein weiteres mehr hinzu kam. «Ich bin nicht enttäuscht, dass ich nicht eingewechselt wurde. Über ein, zwei Minuten hätte ich mich natürlich gefreut. Aber das wäre nur gegangen, wenn das Spiel ein bisschen sicherer gewesen wäre», sagte der Abwehrspieler.
Der Rückblick auf die Karriere in Frankfurt, die 1996 begann und lediglich durch ein kurzes Intermezzo beim VfL Wolfsburg (2011-2013) unterbrochen wurde, fiel daher rundweg positiv aus. «Ich bin dankbar für die ganzen Jahre. Ich bin gesund. Das zählt», sagte Russ, der 2016 an Krebs erkrankt war. «Ich bin mit dem Verein groß geworden, habe alles miterlebt, war schon Balljunge hier. Nach meiner Familie ist die Eintracht das Größte!» Als Analyst wird er seinem Herzensverein weiter treu bleiben.
Vielleicht erlebt er dann einen neuen Höhenflug der Hessen, die in der kommenden Spielzeit wieder die internationalen Ränge ins Visier nehmen wollen. Denn zwei Jahre Europa haben Fans und Verein süchtig gemacht.
Auch wenn der erneute Einzug in einen internationalen Wettbewerb verpasst wurde, kann sich der Eintracht-Ertrag der zwölfmonatigen Arbeit einmal mehr sehen lassen. Im DFB-Pokal scheiterten die Frankfurter erst im Halbfinale knapp am deutschen Rekordmeister Bayern München und in der Europa League erreichten sie immerhin das Achtelfinale, wo Anfang August gegen den FC Basel nach einem 0:3 im Hinspiel allerdings das Aus droht. «Ein einstelliger Tabellenplatz und gute Cupspiele waren unser Saisonziel, das haben wir geschafft», bilanzierte Sportvorstand Fredi Bobic.
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(dpa)