Mini-Krise? Leipzig will Formdelle nicht überbewerten
Leipzig – Nach der ersten Bundesliga-Heimschlappe wehrt sich RB Leipzig gegen den Krisen-Verdacht.
«Wir versuchen es so zu bewerten, wie wir auch zwei Siege hintereinander bewerten: Wir bewerten es nicht über», sagte Trainer Ralph Hasenhüttl nach dem ernüchternden 0:3 (0:2) gegen den stark aufspielenden Hamburger SV. Erstmals verlor der Aufsteiger zweimal nacheinander in seiner Premierensaison in der Fußball-Bundesliga. Erstmals erzielte die in der Offensive in Bestbesetzung aufgelaufene Mannschaft kein Tor in der eigenen Arena. Erstmals seit April 2016 kassierte RB daheim wieder eine Niederlage.
Schönreden wollte die erstaunliche Abfuhr am Samstag dann auch niemand. «Wir haben kollektiv versagt, aber wir sind auch nur Menschen», sagte Hasenhüttl. «So etwas passiert, das ist schwer zu erklären. Das war ein schlechter Tag von uns», ergänzte Abwehrspieler Bernardo. Der Rückstand des Tabellenzweiten auf Titelverteidiger FC Bayern wuchs damit auf sieben Punkte. Die drei Leipzig-Verfolger Eintracht Frankfurt (35), Borussia Dortmund (34) und Hertha BSC (33) indes verloren auch. «Insofern war das Ergebnis rein tabellarisch kein Drama», betonte RB-Sportdirektor Ralf Rangnick.
Dann begann die Ursachenforschung. Nach dem jüngsten 0:1 beim BVB, der dritten Auswärtsniederlage in Serie, waren diesmal zwar Timo Werner, derzeit treffsicherster deutscher Torjäger der Liga, und Top-Vorbereiter Emil Forsberg ebenso wieder dabei wie die Stützen Diego Demme und Marcel Sabitzer. Und doch lief nichts zusammen. «Man hat gesehen, dass es für unsere Rückkehrer nicht so einfach war, wieder am allerhöchsten Level anzusetzen und dort weiterzumachen, wo sie bei den letzten Einsätzen aufgehört haben», sagte Hasenhüttl.
Forsberg war drei Spiele gesperrt, machte sein erstes Pflichtspiel in diesem Jahr. Den anderen drei RB-Profis machte offensichtlich eine abgeklungene Grippe doch noch mehr zu schaffen als vermutet. Selten wirkte RB so anfällig. Werner fehlte bei zwei Gelegenheiten zu Beginn die Präzision, seinem Spiel mangelte es an Durchschlagskraft. Nicht anders sah das bei Forsberg und Sabitzer aus. «Gerade die, die letzte Woche krankheitsbedingt gefehlt haben, waren heute nicht mal bei 80 Prozent. Geschweige denn bei 100», meinte Rangnick.
Gegen einen HSV, der den dritten Sieg binnen acht Tagen feierte und den Relegationsplatz verließ, konnte das nicht ausreichen. Der sichtbar besonders motivierte, jüngst von Leipzig nach Hamburg gewechselte Kyriakos Papadopoulos brachte die Gäste in der 18. Minute in Führung, danach traf vor 42 558 Zuschauern der brasilianische Winter-Neuzugang Walace (24.). Das 3:0 besorgte der zuvor eingewechselte Aaron Hunt in der Nachspielzeit.
Für die Leipziger kam es noch schlimmer. Stürmer Yussuf Poulsen, für den 18 Jahre alten französischen Startelfdebütanten Dayot Upamecano nach 31 Minuten ins Spiel gekommen, musste in der 43. Minute vom Platz gebracht werden. Diagnose: Muskelbündelriss im hinteren linken Oberschenkel. Der 22-Jährige wird voraussichtlich sechs Wochen fehlen. Im Spiel bei Borussia Mönchengladbach muss zudem Abwehrchef Willi Orban nach seiner fünften Gelben Karte zuschauen.
Der Grund für die Verwarnung veranlasste Rangnick zu deutlicher Kritik am RB-Profi: «Wenn er sie sich jetzt durch so eine Dummheit abholt, ist das Schwachsinn.» Orban, seit dem 12. Spieltag mit vier Gelben Karten belastet, hatte in einer Behandlungspause kurz vor Schluss den Koffer des HSV-Arztes über die Seitenlinie geworfen. «In dem Moment muss ich etwas cooler sein, nicht so emotional, es ist halt passiert.»
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(dpa)