Mehr Fragen als Antworten: Schwierige Kaderplanung beim BVB
Dortmund – Die Meisterschaft ist so gut wie verspielt, aber das Minimalziel fast erreicht. Borussia Dortmund ist nur noch zwei Siege von der Champions League entfernt.
Patzt die Konkurrenz aus Mönchengladbach oder Leverkusen am Wochenende, würde sogar schon ein Erfolg am Samstag (15.30 Uhr/Sky) in Düsseldorf den Weg ebnen. Die Aussicht auf üppige Zusatzeinnahmen schafft Planungssicherheit und treibt die Realisierung angedachter Transfers voran – normalerweise. Doch in der Corona-Krise greifen die marktüblichen Mechanismen nicht mehr. Selbst ein routinierter Kaderplaner wie Sportdirektor Michael Zorc tut sich schwer: «Es ist alles noch sehr früh im Moment.»
Sowohl was die personelle Neuausrichtung als auch die Terminierung der Vorbereitung auf die neue Saison anbetrifft gibt es mehr Fragen als Antworten. Nur der ablösefreie Abgang von Mario Götze, dessen Vertrag in diesem Sommer ausläuft, gilt bisher als sicher. Dass der BVB damit das üppige Gehalt des Edelreservisten einspart, ist ganz im Sinne von Zorc. Bereits beim Wiederbeginn der Bundesliga nach der Corona-Pause hatte er auf die Notwendigkeit zur Kostenreduzierung verwiesen: «Das ist das Gebot der Stunde. Es wird kein Boom-Jahr geben. Wir halten uns zurück, was die Ausgabesituation angeht.»
Selbst ein lukrativer Verkauf von Jungstar Jadon Sancho würde den Revierclub wohl nicht dazu verleiten, ähnlich viel in den Kader zu investieren wie in den vergangenen Jahren. Der durch die Pandemie verursachte Trend zu fallenden Transferpreisen hielt Vereinsboss Hans-Joachim Watzke nicht von einer deutlichen Ansage an mögliche Interessenten ab: «Selbst die ganz reichen Clubs müssen jetzt nicht glauben, dass sie bei uns auf Schnäppchentour gehen können.» Einer der vielen Vereine, die mit Sancho in Verbindung gebracht werden, ist Manchester United. Jüngsten englischen Medienberichten zufolge fordert der BVB weiterhin rund 130 Millionen Euro.
Mit Jude Bellingham soll ein weiterer Hochbegabter aus England beim BVB zum Star reifen. Dem Vernehmen nach sind sich die Dortmunder mit dem 16 Jahre alten Junioren-Nationalspieler von Birmingham City einig. Doch die hohen Kosten von angeblich bis zu 35 Millionen Euro und der Blick auf die Unwägbarkeiten der Corona-Krise könnte den Bundesliga-Zweiten noch von den Plänen abbringen.
Noch jünger als Bellingham ist Youssoufa Moukoko, der erst im November seinen 16. Geburtstag feiert. Nicht auszuschließen, dass er schon in diesem Jahr seine Premiere als jüngster Spieler der Bundesliga-Geschichte feiert. Der Angreifer, der vor der Corona-Pause für den BVB in der U19-Bundesliga mit 34 Treffern in 20 Spielen einen Rekord aufstellte, soll laut «Bild» Teile der Vorbereitung auf die nächste Saison mitmachen und Schritt für Schritt an den Profibereich herangeführt werden.
Darüber hinaus gilt die Verpflichtung von Thomas Meunier als sicher. Der belgische Außenverteidiger (28) könnte Paris Saint-Germain ablösefrei verlassen. Er soll die Lücke schließen, die Achraf Hakimi hinterlassen dürfte. Nach zweijähriger Ausleihe steht der Marokkaner vor der Rückkehr zu Real Madrid. Zorc hofft dennoch auf einen Verbleib: «Wir haben Interesse, ihn weiter beim BVB spielen zu sehen. Aber es ist noch zu früh, dazu etwas Profundes sagen zu können.» Die Borussia favorisiert eine weitere Leihvereinbarung. Eine feste Verpflichtung von Hakimi dürfte bei einem geschätzten Marktwert von über 40 Millionen Euro kaum zu stemmen sein.
Nicht nur die Kaderplanung bereitet Zorc derzeit Kopfzerbrechen. So ist noch immer ungeklärt, ob und wann es ein Trainingslager geben wird. Zorc will abwarten, wie das UEFA-Exekutivkomitee bei seiner Sitzung am 17. Juni über die Fortsetzung der wegen der Coronavirus-Pandemie seit Mitte März unterbrochenen Champions League und Europa League entscheidet. Das soll mehr Klarheit bei den vielen offenen Terminfragen in Bezug auf die kommende Saison schaffen. Zumindest in einer Hinsicht scheint eine Entscheidung bereits gefallen zu sein. «Das Trainerteam hat sich schon Gedanken gemacht, Ende Juli wieder mit dem Training zu beginnen, damit die Spieler gut dreieinhalb Wochen Urlaub haben», verriet Zorc.
Fotocredits: Friso Gentsch
(dpa)