Mario Andrada – Krisenmanager mit «Mondmission»
Rio de Janeiro – Mario Andrada ist ein Mann mit Engelsgeduld. Muss er auch sein. Jeden Tag um 11.00 Uhr beginnt eine harte Prüfung im Angesicht von meist 50 Journalisten aus aller Welt im Saal Samba.
Der Sprecher des Organisationskomitees der Olympischen Spiele von Rio de Janeiro muss sich dann vielen unangenehmen Fragen stellen. Pannen und Probleme gibt es genug: Überfallene Sportler, kein Wasser und Essen an Wettkampforten, und so weiter, und so weiter.
Andrada ist also vor allem Krisenmanager. Mit schwarzer Hornbrille, die schon in den sechziger Jahren angesagt war, und raspelkurzen grau melierten Haaren wirkt der 66-Jährige ernst, aber nicht bierernst.
Im direkten Umgang ist er unkompliziert, wahrt aber professionelle Distanz – nach dem Motto: Ihr macht euren Job, ich den meinen. Mit gewöhnungsbedürftiger Chuzpe versucht er immer wieder, klar zu machen, dass das angesprochene Problem eigentlich gar keins ist.
Ja, die verdreckte Guanbara-Bucht bekommen wir schon sauberer. Nein, die Paralympischen Spiele müssen nicht ausfallen, das Geld kriegen wir schon zusammen. Als sich nach dem Becken der Wasserspringer auch das der Wasserballer plötzlich grün färbt, meint er, das passe doch gut zu den Landesfarben Brasiliens. Nein, die Wasserqualität sei, unabhängig von der Farbe, kein Gesundheitsrisiko für die Athleten.
Ständig verspricht er, es werde hier, es werde da nachgebessert. Vor Olympia hatte er garantiert, Rio sei während der Spiele «die sicherste Stadt der Welt». Ein Zitat, das er immer wieder aufs Brot geschmiert bekommt angesichts von Diebstählen im olympischen Dorf, Überfällen falscher Polizisten auf Athleten und Steinwurf-Attacken auf einen Olympia-Bus.
Vor dem Himmelfahrtskommando «Rio2016» war Andrada fünf Jahre Kommunikationschef Lateinamerika des US-Sportartikelherstellers Nike. Zuvor hatte er als Sportjournalist für verschiedene brasilianische und internationale Medien gearbeitet. Er spricht mehrere Sprachen fließend, neben Portugiesisch unter anderem Englisch und Spanisch.
Im Herbst 2013 wechselte er auf den Posten des Rio2016-Sprechers. In einem Gastbeitrag für die Zeitung «Folha de S. Paulo» hatte er im Juli euphorisch geschrieben: «Rio ist nun eine Olympische Stadt. Nie mehr wird sie die Gleiche sein.» Und Andrada erinnerte an die Worte von US-Präsident John F. Kennedy aus dem Jahr 1962, einen Amerikaner auf den Mond zu schicken. «Wir haben uns entschieden, mit Rio de Janeiro eine Mondmission zu starten. Wie sagte schon Kennedy: Das ist eine Herausforderung, die es zu meistern gilt.»
Doch die Mission für das Orga-Komitee und seinen Sprecher geriet schwierig, die Kommentare werden böser. Die Engelsgeduld scheint bald aufgebraucht. Auch ein Mario Andrada kann recht angefressen wirken.
Fotocredits: Lukas Schulze
(dpa)