London-Ergebnis für DLV-Athleten schwer zu wiederholen
Rio de Janeiro – Für die deutschen Leichtathleten dürften die acht Medaillengewinne bei den Olympischen Spielen 2012 diesmal kaum erreichbar sein.
«Das war ein herausragendes Ergebnis in London, doch man muss auch sehen, dass wir dort mehr Medaillen gemacht haben, als bei drei vorangegangenen Spielen zusammen», sagte Clemens Prokop, Präsident des deutschen Verbandes, nach der Hälfte der Wettkampftage in Rio. «Das zu wiederholen, ist sehr schwierig. Theoretisch können wir es erreichen. Es ist aber nicht der Maßstab für den Erfolg der Mannschaft.»
Die bisherige Medaillenausbeute ist noch überschaubar und auf den Diskuswurf beschränkt. Allerdings war Olympia-Gold durch Christoph Harting kein Glanzstück, weil er sich bei der Siegerehrung daneben benahm und erst recht spät Reue zeigte. «Es ist schade, dass sich der Schatten der Siegerehrung über diese Goldmedaille gelegt hat», meinte Prokop. «Aber er hat sich nachträglich dafür entschuldigt. Damit sollte man es dann auch bewenden lassen.»
Überraschend war der Bronze-Gewinn von Daniel Jasinski, der aber im Trubel um die Hartings etwas unterging. Unerwartet kam zugleich das Aus von Robert Harting, dem Olympiasieger von 2012: Ein Hexenschuss machte ihm einen Strich durch seine zweite goldene Rechnung.
Sein Leid nahm seine Freundin, die Diskus-Mitfavoritin Julia Fischer, so sehr mit, dass ihre Würfe weit von einer Medaille entfernt landeten. «Die letzten Tage waren schwer für mich. Wenn es den Menschen, die ich liebe, schlecht gebt, dann ist dass so, als wenn es mir selber schlecht geht», sagte Fischer in der ARD. Fest einkalkuliert war die (Gold-)Medaille von Christina Schwanitz, die einen schwarzen Kugelstoß-Finaltag erwischte und nur Sechste wurde.
Nicht wirklich glücklich, aber auch nicht unglücklich durften drei Athletinnen sein, die keine Medaille gewannen, aber alles ausreizten. Hammerwerferin Betty Heidler wurde am Ende ihrer Karriere Vierte, Siebenkämpferin Caroline Schäfer konnte mit Rang fünf hoch zufrieden sein, Hindernisläuferin Gesa Felicitas Krause wurde Sechste und stellte dabei einen deutschen Rekord auf.
Der DLV hat allerdings noch ein paar Trümpfe in der Tasche. Zu den großen Favoriten im Kugelstoßen gehört David Storl, der vor vier Jahren in London Gold nur um drei Zentimeter verfehlte. Den sechs Speerwerfer um Linda Stahl und Thomas Röhler ist sogar mehr als ein großer Wurf zuzutrauen. Im Zehnkampf hat sich Artur Abele in Position gebracht: Er ist Weltranglistenzweiter hinter Weltrekordler Ashton Eaton (USA).
Eher Geheimtipps sind Hochspringerin Marie-Laurence Jungfleisch, die in diesem Jahr in den Club der Zwei-Meter-Springerin floppte und Sostehne Moguenara. Die Weitspringerin ist zwar mit einer Vorleistung von 7,16 Metern die Nummer zwei in der Welt, laborierte aber lange mit einer Sprunggelenkverletzung.
Die 89 Leichtathleten sind die größte Teilmannschaft im deutschen Team, das insgesamt hinter dem Medaillenziel von 44 Edelplaketten hinterher hinkt – und deshalb besonders auf die Läufer, Springer und Werfer setzt. «Ich sehe nicht den Druck, von der Mannschaftsstärke auf Medaillen und Finalplätze zu schließen», erklärte Prokop. Denn: In keiner anderen olympischen Sportart gebe es eine größere internationale Konkurrenzdichte. «Leichtathletik wird in 209 Ländern betrieben. In vielen anderen Sportarten sind faktisch ganze Kontinente nicht vertreten», argumentierte Prokop.
Fotocredits: Michael Kappeler
(dpa)