Koch und das historische Vorhaben

Rio de Janeiro – Endlich ist der Weltmeister kein Zuschauer mehr. Spätestens nach den ersten Zügen im Wettkampfbecken ist die Olympia-Lust von Brustschwimmer Marco Koch kaum noch zu bändigen.

«Er will jetzt endlich los, die Vorspannung kann man irgendwann gar nicht mehr aushalten. Wenn man das hier sieht, dann will man rein», verriet Chefbundestrainer Henning Lambertz.

Koch selbst wirkt einmal mehr tiefenentspannt. Ob auf der Tribüne, am Beckenrand oder im Interviewbereich. Wenn Gelassenheit die Grundlage für Erfolge ist, dann kann der Olympiasieger eigentlich nur der Schwimmer sein, der im Darmstädter Nordbad auf der Bahn neben vielen Freizeitsportlern trainiert. «Alles gut bis jetzt, schauen wir mal, passt alles soweit», lautete Kochs kurze Bewertung nach seiner Anreise in Rio. Typisch Koch. Lieber wartet er in seinen Rennen von Dienstag an mit Weltklasseleistungen auf als zuvor mit großen Worten.

Koch hat seinen olympischen Countdown diesmal anders gestaltet als vor vier Jahren beim Debakel der deutschen Schwimmer in London. Damals reiste er früher an, verlor in den deutschen Frusttagen Anspannung und Form, scheiterte im Halbfinale als 13. Da griff der 26-Jährige für seine zweiten Sommerspiele lieber auf das Erfolgsrezept von EM- und WM-Titel zurück.

Erst drei Tage vor seinem ersten Wettkampf bezog er sein Zimmer im olympischen Dorf. Dort hatte er keine Probleme, den Rhythmus der verschobenen Wettkampfzeiten weiterzuleben. «Er ist gesegnet mit einem tiefen, festen Schlaf», beschrieb es Lambertz.

Noch penibler als ohnehin achtete der WM-Zweite von 2013 zudem auf seine Ernährung. Denn bei der WM in Kasan handelte er sich bei einem kleinen Snack auf der Anreise eine Lebensmittelvergiftung ein. Diesmal sei nichts passiert, berichtete Koch im Olympic Aquatics Stadium. «Ich freue mich, dass es langsam los geht.» Koch legte beim Check der Wettkampfstätte fokussiert seine Bahnen hin. Trainer Alexander Kreisel beobachtete mit der Stoppuhr in der Hand genauestens die Bewegungsabläufe der großen Goldhoffnung.

Europameister 2014, Weltmeister 2015 – da würde doch der Olympiasieg 2016 perfekt ins Bild passen. «Ich möchte einfach nur ein Rennen machen, mit dem ich zufrieden bin», antwortete Koch auf solche Fragen gerne. Zufrieden wäre er mit Weltrekord, aber auch der würde ihm nicht Gold garantieren. Der letzte – und einzige – Olympiasieg eines deutschen Brustschwimmers liegt schon über 100 Jahre zurück. Walter Bathe distanzierte 1912 in Stockholm im Finale über 200 Meter vier Gegner.

Kann sich nun der Mann, dem sein Heimtrainer Kreisel eine Pinguinform und herausragende Gleiteigenschaften bescheinigt, die Olympiakrone aufsetzen? «Er macht einen sehr guten und relaxten Eindruck. Die letzten Tests waren durchweg positiv», sagte Lambertz. «Wir sind guten Mutes.»

Fotocredits: Bernd Thissen
(dpa)

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