Hilfreich oder Unsinn: Was bringt ein Wanderführerschein?

Penzberg – Ausgesetzte Pfade, rasche Wetterwechsel: Diese Gefahren in den Bergen sollten Wanderer kennen – tun sie aber oft nicht. Deshalb können Anfänger in den Alpen einen Wanderführerschein machen. Sinnvolle Fortbildung oder bloß ein Marketing-Gag?

Führerschein, das klingt bürokratisch. Doch die Idee ist recht simpel: Auf einer Tageswanderung lernen Einsteiger die Grundlagen des Wanderns. Sowohl Hotels als auch private Wanderführer bieten den Führerschein an.

Die Kurse vermitteln Grundkenntnisse: Wie wird das Wetter? Wie lese ich eine Karte? Angehende Wanderer lernen aber auch, wie man den Rucksack richtig packt oder welche Lebensmittel man am besten mitnimmt. Neben der Theorie gibt es auch Praxis: eine Wanderung, meist um die vier Stunden.

«Wir wollen unsere Gäste für Touren in den Bergen vorbereiten und die Sicherheit im alpinen Gelände erhöhen», so erklärt es Tanja Miksch, Medienbeauftragte des «Hotel Glemmtalerhof» in Hinterglemm in Österreich. Dort wird der Wanderführerschein bereits seit drei Jahren angeboten.

«Die Selbsteinschätzung fällt vielen Wanderern schwer», sagt Michael Lentrodt, Präsident des Verbands Deutscher Berg- und Skiführer (VDBS). Viele übernehmen sich. Und was müssen Wanderer sonst so wissen? Statt rechts vor links gilt in den Bergen zum Beispiel unten vor oben: Wer absteigt, lässt den Aufsteigenden an schmalen Stellen den Vortritt.

Mehr als eine Einführung bietet der Wanderführerschein nicht. Und das ist der Knackpunkt: «Bei der Menge an Wissensvermittlung in so kurzer Zeit ist kein nachhaltiges Lernen möglich», sagt Stefan Wierer, Bergführer aus dem Zillertal in Tirol. Das Wandern lernt man erst, wenn man es oft genug tut – wie beim Autofahren. In dieser Hinsicht unterscheiden sich die Führerscheine nicht.

Bergführer Lentrodt stellt klar: «Wanderer müssen keinen Führerschein machen.» Jeder bewege sich in der Natur frei und auf eigene Gefahr. Der Experte zieht die Bezeichnung «Wanderkurs» vor. Eine Einführung für Wandereinsteiger sei zwar grundsätzlich sinnvoll. Bloß das Wort Führerschein kann Touristen aber ein falsches Gefühl der Sicherheit vermitteln, findet Stefan Wierer.

Wer sich für den Wanderführerschein entschiedet, sollte sich vorher genau über das Programm und den Kursleiter informieren. «Der Wanderführer sollte über international anerkannte Zertifikate wie die IVBV- oder UIMLA-Lizenz verfügen», erklärt Lentrodt. Statt Führerschein bieten sich auch geführte Touren mit Wanderführern oder Gruppenwanderungen mit erfahrenen Wanderern an: «Das Wissen wird bei solchen Touren sowieso vermittelt.»

Wie bei jedem anderen Sport rät Bergführer Wierer, den Anspruch langsam zu steigern und ein Gespür für das Wandern zu entwickeln – ob mit oder ohne Führerschein. Mit genug Erfahrung darf es dann irgendwann auch die Dreitausender-Überschreitung im Hochgebirge sein.

Fotocredits: Carolin Thiersch,Carolin Thiersch,Glemmtalerhof,Wanderhotels – best alpine,Glemmtalerhof
(dpa/tmn)

(dpa)
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