Heynckes «dahoam»: In Gladbach wird’s emotional
Mönchengladbach – So emotional wie am 18. Mai 2013 dürfte es bei der Rückkehr von Jupp Heynckes in den Gladbacher Borussia-Park nicht zugehen.
Viereinhalb Jahre liegt der bewegende Tränenabschied des damals 68 Jahre alten Trainers zurück, der damals beim 4:3 des FC Bayern München gegen «seine» Borussia eigentlich für immer die Bühne der Fußball-Bundesliga zu verlassen schien – natürlich siegreich!
50 000 Zuschauer feierten noch einmal ihren Jupp, der bei der Pressekonferenz nach dem Spiel große Gefühle zeigte. «Ich möchte mich sehr herzlich bei allen Borussen-Fans bedanken für den wunderbaren Abschied», sagte Heynckes. Danach versagte ihm die Stimme. Unter Tränen presste er noch einen Satz hervor: «Das zeigt mir, dass das meine Heimat ist.» Spontan applaudierten die zuhörenden Reporter.
Am Samstagabend (18.30 Uhr) kehrt Jupp Heynckes zurück in den Borussia-Park. Diesmal nicht zum Abschied, sondern zum Liga-Topspiel Vierter gegen Erster. Und natürlich wird es für den Ex-Spieler und Ex-Trainer der Borussia wieder ein besonderes Spiel sein – «dahoam» in Gladbach. 1971 feierte er im Borussen-Trikot seinen ersten Titel. «Meine erste deutsche Meisterschaft – das ist das schönste Erlebnis, das ich jemals gehabt habe», verriet Heynckes einmal rückblickend.
Jetzt geht es um Gegenwart und Zukunft, um neue Erfolge, weitere Titel, womöglich ein zweites historisches Triple – aber eben nicht mit Gladbach, sondern wieder mit dem FC Bayern. Es geht um den zehnten Sieg im zehnten Spiel seit Heynckes‘ überraschender und bis dato überaus erfolgreicher Rückkehr ins große Fußball-Business.
Heynckes hat Lust gewonnen an seinem Comeback. «Es macht mir Spaß, mit der Mannschaft zu arbeiten», erzählte er in dieser Woche. Um ihn herum spüre er eine «Aufbruchstimmung». Und natürlich mehren sich angesichts der Erfolge die Voten für ein längeres Engagement.
«Ich glaube, die ganze Mannschaft hat diese Meinung. Wir würden uns alle freuen. Aber wir wissen auch, dass das seine Entscheidung ist», sagte Nationalspieler Jérôme Boateng nach dem Champions-League-Sieg beim RSC Anderlecht: «Er ist kurzfristig eingesprungen und macht das bis jetzt unglaublich toll mit uns als Mannschaft, wie er uns führt.»
Heynckes schmeicheln derartige Aussagen. Aber ein Umdenken bei ihm ist nicht erkennbar. Er hilft seinem «Herzensclub» aus, aber nur bis zum Saisonende. Mit den Bayern-Bossen hat er einen klaren Fahrplan abgesprochen. «Daran hat sich auch nichts geändert. Ich halte mich an alle Dinge, wie wir sie intern abgesprochen haben», sagte Karl-Heinz Rummenigge während der Champions-League-Reise in dieser Woche.
Bayern-Trainer ist ein sehr anstrengender Fulltime-Job. «Wenn ich körperlich nicht so fit gewesen wäre, hätte ich den Job nicht durchführen können», sagte Heynckes erst in Belgien wieder. Aus Brüssel reiste der 72 Jahre alte Coach mit seinem Team gleich weiter in seine Heimat. In Mönchengladbach wurde Quartier bezogen – jedoch ohne Thiago (Muskelteilriss) und Arjen Robben (Muskelfaserriss), die sich beim 2:1 gegen Anderlecht verletzt hatten. Das verschärft den Personalnotstand beim Tabellenführer, gerade in der Offensive.
Als Notnagel reiste Regionalliga-Stürmer Kwasi Wriedt aus München nach Gladbach. Vielleicht kann auch Kingsley Coman (Sehnenreizung im Fuß) im Topspiel wieder auflaufen. «Ich weiß nicht, welche Spieler am Samstag fit sind. Aber egal, wir müssen den Kopf oben behalten und kämpfen», kommentierte Torjäger Robert Lewandowski.
Gejammert werden soll nicht. «Wir müssen ein bisschen Wunden lecken. Aber wir werden eine schlagkräftige Mannschaft auf dem Platz haben», sagte Mats Hummels. Gerade «dahoam» in Gladbach will Heynckes nicht zum ersten Mal verlieren in seiner vierten Bayern-Amtszeit. «Es wird auf jeden Fall ein schwieriges Spiel. In Gladbach ist es nie einfach. Sie haben eine unglaublich starke, flexible Offensive. Wir müssen eine Topleistung bringen, um Gladbach zu schlagen», bemerkte Hummels.
Fotocredits: Angelika Warmuth
(dpa)