Hertha vs. Leipzig: «Chancengleichheit nicht gewährleistet»

Leipzig – Mehr Aufmerksamkeit, mehr Punkte und die Aussicht als Vizemeister auf die Champions League: Der neue Nachbar RB Leipzig hat Hauptstadt-Club Hertha BSC binnen einer Saison überholt. Für Berlins Manager Michael Preetz eine klare Folge unterschiedlicher Voraussetzungen.

«Die Chancengleichheit ist jetzt nicht gewährleistet», sagte der ehemalige Angreifer. Soll heißen: Der 125 Jahre alte Hertha Berliner Sport-Club sieht sich aus wirtschaftlicher Sicht nicht auf Augenhöhe mit dem acht Jahre alten Verein mit dem offiziellen Namen RasenBallsport Leipzig.

«In welchen Preissegmenten Leipzig unterwegs ist, konnte man vor der Saison sehen», sagte Preetz. Das sei nicht das Preissegment von Hertha BSC. Knapp sieben Millionen Euro konnten die Berliner im Sommer vergangenen Jahres in Neuzugänge investieren. Die Leipziger kamen dem Vernehmen nach auf Ausgaben in Höhe von 50 Millionen Euro.

Leipzig holte unter anderem Naby Keita vom Salzburger Ableger des weltweiten Red-Bull-Fußball-Imperiums. Der begnadete und längst auch bei anderen Clubs begehrte Techniker soll damals 15 Millionen gekostet haben. Kurz zuvor hatte RB Timo Werner vom VfB Stuttgart engagiert. Bei dem mittlerweile besten deutschen Bundesliga-Torjäger und Neu-Nationalspieler sollen zehn Millionen Euro geflossen sein. Beide sind nicht mehr wegzudenken aus der Mannschaft, entfalteten in Leipzig aber auch erst ihr fußballerisches Können in Gänze. Nicht so Oliver Burke, der im Keita-Preissegment gelegen hatte und seltener zum Einsatz kommt.

Im Großen und Ganzen eroberten die Leipziger unter Trainer Ralph Hasenhüttl aber noch mit ihrem sicherlich damals überqualifizierten Zweitliga-Stammpersonal den zweiten Platz in der Tabelle hinter Meister FC Bayern und erspielten sich einen 17-Punkte-Vorsprung vor der fünftplatzierten Hertha.

«Hier wie da wird der Kader nach den Möglichkeiten zusammengestellt», meinte Preetz. Die Berliner Möglichkeiten scheinen nach Jahren des Aufs und Abs und wirtschaftliche Krisen weiter beschränkt.

Mit dem fast sicheren Erreichen der Champions League werden sich die Leipziger noch mehr leisten können. Bei einem Sieg Hoffenheims zuvor bei Borussia Dortmund reicht RB in Berlin schon ein Unentschieden für den endgültigen Champions-League-Einzug. Druck? «Wenn man von Druck spricht, sollte man vielleicht bei Mannschaften schauen, die ums Überleben kämpfen. Was wir an Druck in dieser Saison haben, ist alles nur positiv», meinte Coach Hasenhüttl.

Zählen können die Leipziger auch auf ihre Fans im nicht mal 200 Kilometer entfernten Berlin: Mit über 8000 wollen sie ihre bisherige Rekordmarke in fremden Stadien brechen. «Das Besondere wird die Tatsache sein, dass wir brutal Unterstützung von unseren Fans mitbekommen», meinte der RB-Trainer.

Einen Wettbewerb mit den Leipzigern um Anhänger etwa im angrenzenden Brandenburg oder Sachsen-Anhalt sieht Preetz nicht. «Unser Stammpublikum hält uns die Treue. Es braucht sich keiner fürchten, dass es kein Heimspiel wird am Samstag. Es werden mindestens achtmal so viele Zuschauer hinter uns stehen», erklärte der Manager. Mindestens 65 000 Fans werden erwartet.

Sehr wohl aber wissen die Hertha-Verantwortlichen, dass Spieler anderer Clubs nun in RB einen weiteren attraktiven Arbeitgeber finden können. «Wir brauchen Argumente, dass sich Spieler für Hertha entscheiden», betonte Preetz. Mehr Aufmerksamkeit, mehr Punkte und die Aussicht auf die Champions League wären wohl welche.

Fotocredits: Jan Woitas
(dpa)

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