Harting: «Irgendwann ist die Power im Kopf weg»

Rio de Janeiro – Fragen an Robert Harting aus der Mixed Zone nach seinem überraschenden Scheitern in der Diskus-Qualifikation bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro.

Herr Harting, was war los mit dem Hexenschuss?

Robert Harting:Was willst du machen? Der Weg in die Mensa war alles andere als einfach, dort bin ich irgendwie noch humpelnd angekommen, hab mich hingesetzt. Da fragst du dich auch nichts mehr. Es waren jetzt drei oder vier Comebacks. Irgendwann ist die Power im Kopf auch weg. Da kannst du nix mehr machen. Natürlich war großer Alarm, alle Ärzte, alle Physios, die in der Lage sind, das zu beurteilen, haben einen Plan gemacht. Am Abend konnte ich mich schon bisschen besser bewegen … Es hört sich ein bisschen nach Quacksalber an, ich habe aber alles gegeben. Die Wahrscheinlichkeit, dass ich 65,50 Meter im ersten Versuch werfe, war schon gering, aber wenn du vorher schon aufgibst, brauchst du auch nicht reingehen.

Es hat dennoch nicht viel gefehlt.

Harting:Ein 63-Meter-Wurf hätte auch rauskullern können, aber was wäre dann? Dann hat man die gleichen Probleme morgen und dann wäre man auch irgendwie enttäuscht, wenn es die letzten Olympischen Spiele sind. Bei einer so großen tollen Veranstaltung möchte man auch erfolgreich sein. Vom Kopf her war zu wenig Saft da, ich habe mich zwar zusammengerissen, mir auch die krassesten Parolen erzählt, um durchzuhalten, aber was willst du machen, wenn das Körperzentrum weg ist. Andere lassen sich beim Hexenschuss drei Wochen krank schreiben, das kann ich jetzt wahrscheinlich auch tun.

Wie ist das genau passiert?

Harting:Ich saß auf dem Bett, habe den Lichtschalter mit dem Fuß ausgemacht, weil die Wand nur einen Meter von mir entfernt ist. Das ist also keine große Anstrengung. Dann war ich kurz überrascht, weil ich so ein Ziehen hatte. Wie oft hat man eine Blockierung? Als Sportler ganz oft, da machst du dir keinen großen Kopf.

Wie bitter ist das Aus nach Ihren Comebacks?

Harting:Es tut ganz, ganz tief weh, dieser ganze Comebackscheiß, sich immer wieder zurückzukämpfen. Die vielen Worte der Leute, die mir links und rechts Kraft gegeben haben. Die gehen jetzt ein bisschen leer aus, sie haben schon so viel Energie in mich investiert. Das ist natürlich ein bisschen schade jetzt.

Wie denken Sie nun über ihre Zukunft? Ihr Körper hat Ihnen vermutlich auch ein Signal gesendet.

Harting:Der Körper sendet ein Signal, das stimmt. Ich weiß es noch nicht so richtig, ich muss erstmal paar Minuten für mich haben, vielleicht ein paar Tage. Dann vielleicht Urlaub machen, ein paar klare Gedanken fassen, vielleicht ein paar Sachen umstellen.

Ihr Bruder Christoph steht im Finale. Hilft das bei der Frustbewältigung?

Harting:Natürlich hilft das. Wir haben noch einen Harting im Finale und der kann eine Medaille holen. Für die Familie ist das ganz wichtig, die haben auch viel Geld bezahlt, kommen hierher. Es ist ein Riesensystem, das um einen Sportler herrscht.

Fotocredits: Michael Kappeler
(dpa)

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