Hannovers Märchen: Ex-Kreisligaspieler Weydandt trifft
Bremen (dpa) – Den passenden Titel für das Fußball-Märchen um Hendrik Weydandt fand sein Trainer. «Vom Kreisligaspieler zum Torschützen in der Bundesliga», umschrieb Hannovers André Breitenreiter den Werdegang um den bis vor kurzem noch unbekannten 96-Stürmer.
Mit seiner ersten Ballberührung in der Bundesliga erzielte der 23-Jährige nur 75 Sekunden nach seiner Einwechslung seinen ersten Treffer in der Beletage. «Eine Wahnsinnsgeschichte», staunte selbst Coach Breitenreiter nach dem verdienten 1:1 am Samstag bei Werder Bremen.
Drei Schüsse, drei Tore – die Quote von Weydandt bei den Profis ist beeindruckend. Schon beim 6:0-Sieg im DFB-Pokal beim Drittligisten Karlsruher SC hatte der Angreifer nach seiner Einwechslung innerhalb von acht Minuten doppelt getroffen. «Solche Geschichten schreibt nur der Fußball», sagte 96-Kapitän Waldemar Anton. «Er hat jetzt die Latte natürlich ganz schön hochgelegt», witzelte Torhüter Michael Esser. «Ich bin gespannt, was jetzt noch kommt.»
Das vorläufige Happy-End für Weydandt wird es in dieser Woche geben. 96-Manager Horst Heldt bestätigte am Samstag, dass der Newcomer noch vor dem ersten Saison-Heimspiel am Freitag gegen Borussia Dortmund einen Profivertrag erhalten wird. Weydandt besitzt keinen Berater, sondern lässt seinen Vater Heinrich, einen Wirtschaftsprüfer, die vertraglichen Dinge regeln. «Der Junge ist unbeschwert und einfach klasse. Er bekommt einen Profi-Vertrag, das hat er sich verdient», kündigte Clubchef Martin Kind bereits in der vergangenen Woche in der «Bild»-Zeitung an.
Sagen wollte Weydandt nach seinem erneuten Streich im Weserstadion nichts. Alle Interviewanfragen lehnte er nach dem Spiel ab. «Das ist auch gut so», befand Breitenreiter. «Er will sich auf Fußball konzentrieren und sich nicht ablenken lassen. Die Tore sprechen ohnehin für sich.»
Für die heutige Zeit ist die Karriere von BWL-Student Weydandt fast schon ein Wunder. Vor vier Jahren kickte er noch in den Niederungen des Fußballs. Bis 2014 spielte er beim TSV Groß Mutzel in der Kreisliga Region Hannover. Über den Regionalligisten Germania Egestorf/Langreder landete Weydandt in diesem Sommer in der U23 von Hannover 96.
«Er ist einer dieser Fälle, die eigentlich durch das Raster fallen, dann aber doch auftauchen», erklärte Manager Heldt. Weydandts Werdegang weist Parallelen mit Miroslav Klose auf, der über die SG Blaubach-Diedelkopf, den FC Homburg und der zweiten Mannschaft des 1. FC Kaiserslautern erst mit 21 sein Profi-Debüt bei den Pfälzern gab – und später Weltmeister wurde.
«Henne» Weydandt profitierte in der Saison-Vorbereitung von der Personalnot der Profis. «Er war sofort sehr präsent und hat in jedem Spiel eine Top-Leistung gebracht», lobte Breitenreiter seinen Schützling. Dazu schoss Weydandt viele Tore. «Er hat hart an sich gearbeitet. Deshalb ist das jetzt alles kein Zufall», erklärte der 96-Trainer.
In Bremen wurde er eine Viertelstunde vor Schluss beim Stand von 0:0 eingewechselt. «Es war ein Signal», betonte Breitenreiter. «Er hat gesehen, dass er das Vertrauen bekommt.» Wie ein routinierter Bundesliga-Stürmer schob Weydandt nur kurze Zeit später den Ball zum 1:0 ins Netz, durch die Beine von Werder-Torhüter Jiri Pavlenka. «Er ist ein richtig guter Stürmer. Kalt vor dem Tor», beschrieb ihn 96-Abwehrspieler Kevin Wimmer. «Die gesamte Mannschaft gönnt ihm das.»
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(dpa)