Geschichte wiederholt sich: Van Vleutens Horror-Sturz
Rio de Janeiro – Bei ihrem Horror-Sturz in Rio zieht sich Radsportlerin Annemiek van Vleuten Verletzungen an der Lendenwirbelsäule und eine Gehirnerschütterung zu. Aber es hätte wohl noch schlimmer ausgehen können. Wie schon im vergangenen Jahr, als die Niederländerin Glück im Unglück hatte.
Mit drei geknacksten Rippen, einem gebrochenen Schlüsselbein und Schrammen im Gesicht lag van Vleuten am 7. August 2015 im Krankenhaus. Und ließ nach ihrem Sturz wissen: «Ich hatte viel Glück, dass es nur das war und ich noch am Leben bin.»
Nun, auf den Tag genau ein Jahr später, liegt Annemiek van Vleuten wieder im Krankenhaus. Auf der Intensivstation. An einem 7. August. Und wohl alle Kolleginnen im Peloton und Radsport-Fans wünschen ihr, dass die wie 2015 wieder sagen wird: «Das ist etwas, womit ich umgehen kann und wieder okay werden wird und seine Zeit braucht.»
Tatsächlich meldet sich die Niederländerin noch am späten Sonntagabend via Twitter – und gibt Entwarnung. «Ich bin jetzt im Krankenhaus mit ein paar Verletzungen und Brüchen, aber alles wird gut», schreibt van Vleuten. «Nach dem besten Rennen meiner Karriere bin ich aber vor allem super enttäuscht.»
Nach ihrem Crash in der letzten Kurve der berüchtigten Abfahrt hinab vom Vista-Chinesa-Pass im olympischen Straßenrennen hatten manche Beobachter mit dem Schlimmsten gerechnet. Zu verstörend waren die Bilder, wie van Vleuten am Sonntag kopfüber über ihr Rad stürzte, auf eine Bordsteinkante krachte und dann zunächst regungslos liegen blieb.
Die erste Diagnose in einer Klinik in Rio de Janeiro: drei Knochenabsplitterungen an der Lendenwirbelsäule und eine schwere Gehirnerschütterung. Die 33-Jährige sei bei Bewusstsein, könne sprechen und sei trotz ihrer Lage klar im Kopf, teilte der niederländische Verband (KNWU) via Twitter mit. Van Vleuten müsse aber noch für 24 Stunden auf der Intensivstation bleiben. Zuvor hatte der Weltverband UCI – wohl verfrüht – mitgeteilt, van Vleuten habe «anscheinend kein ernstes medizinisches Problem».
Zum Zeitpunkt ihres Sturzes liegt sie wenige Kilometer vor dem Ziel an der Copacabana in Führung, der größte Sieg der Karriere greifbar nah. Dann der Sturz auf einer Abfahrt, die am Vortag auch schon dem auf Goldkurs fahrenden Italiener Vicenzo Nibali zum Verhängnis wurde. «Vielleicht geht man an der Spitze mehr Risiko», versuchte sich die spätere Olympiasiegerin Anna van der Breggen in einer Erklärung.
Die Niederländerin kam als eine der ersten Fahrerinnen an ihrer gestürzten Teamkollegin vorbei. «Es sah nicht gut aus», sagte van der Breggen. Dann habe ihr die am Ende zweitplatzierte Schwedin Emma Johansson zugerufen: ««Mach es für Annemiek», und ich sagte «Yeah, das ist richtig».» Auch Johansson war nach dem «schrecklichen Unfall» geschockt. «Das Peloton ist so klein und wir kennen uns alle so gut. Wir hoffen einfach, dass sie okay ist», sagte sie.
Rückblende: Schon vor einem Jahr hat van Vleuten viel Glück im Unglück. Damals kollidiert sie während einer Trainingsfahrt in Livigno mit einem Auto. Neben mehreren Knochen wird auch die Lunge in Mitleidenschaft gezogen. «Es bestand das Risiko eines Pneumothorax», lässt sie über ihr damaliges Schweizer Bigla Pro Cycling Team wissen. Sie wird noch in Italien umgehend operiert. Drei Wochen später steigt sie bei der Boels Rental Ladies Tour schon wieder aufs Rad und wird 17. Ob und wann die 33-Jährige diesmal zurückkehrt bleibt trotz eigener Entwarnung via Twitter ungewiss.
Fotocredits: Alejandro Ernesto
(dpa)