Freiburgs «2.0-Erlebnis» mit Stieler – Streich schimpft
Gelsenkirchen – Christian Streich saß mit leicht zerzausten Haaren auf dem Podium und schien sich regelrecht hinter den Mikrofonen verstecken zu wollen.
Der Trainer des SC Freiburg stand auch knapp eine Stunde nach Schlusspfiff immer noch unter Strom und wollte am liebsten keine Erklärung mehr abgeben. Zuvor hatte er gegen den Platzverweis seines Kapitäns Nils Petersen beim 0:2 (0:0) bei Schalke 04 dermaßen wild protestiert, dass er auf die Tribüne geschickt wurde. «Ich habe nicht überreagiert», stellte Streich mürrisch klar: «Ich habe ein Schimpfwort benutzt.»
Weiter wollte er «nix sagen. Das ist besser.» Doch den ständigen Nachfragen widerstand der Gerechtigkeits-Fanatiker nicht. «Unglaublich» sei das alles, sagte Streich. Er forderte eine Rücknahme des Platzverweises, «denn alles andere wäre ja absurd». Und er ließ auch seinen speziellen Ärger über Tobias Stieler durchblicken, weil dieser den SC schon im vergangenen Herbst in Stuttgart (0:3) entscheidend benachteiligt hatte. «Damals 80 Minuten unberechtigt in Unterzahl zu spielen, war das Schlimmste, was uns passiert ist. Und heute wurde das fortgesetzt», sagte der 52-Jährige. SC-Sportvorstand Jochen Saier ergänzte: «Dass wir uns über dieses Erlebnis 2.0 nicht freuen, ist klar.»
Am Samstag hatte Stieler Freiburgs Torjäger Petersen die Gelbe Karte nicht von Angesicht zu Angesicht entgegengehalten. Petersen beteuerte nach seinem Platzverweis wegen erneuten Meckerns drei Minuten später: «Ich wusste nicht, dass ich Gelb habe.» Der frühere FIFA-Schiedsrichter und heutige Sky-Experte Markus Merk kritisierte Stieler deshalb deutlich: «Eine Gelbe Karte in den Rücken zu zeigen und dann auch noch ohne mit dem Spieler zu sprechen – das sind gleich zwei Fehlleistungen in einem.»
Die Freiburger hegen deshalb Hoffnung, dass Petersen nächsten Samstag im Keller-Duell gegen Wolfsburg doch dabei sein kann. «Dafür haben wir ja jetzt TV-Aufnahmen in vierfach ultra HD und alles», sagte Torhüter Alexander Schwolow: «Da wird man das ja auflösen können.»
Saier mutmaßte schon wenige Minuten nach dem Schlusspfiff in Richtung Stieler: «Er wird mit Sicherheit sagen, dass er es ihm gesagt hätte.» Und genau das tat der Schiedsrichter dann auch. «Ich habe ihm die Gelbe Karte gezeigt, dabei auf den Rücken getippt und gesagt: „Gelb, Nummer 18.“ Es war also klar kommuniziert», versicherte Stieler dem «Kicker». Chancen auf einen Freispruch haben die Freiburger damit nicht, zumal es auch kein eindeutiger Regelverstoß des Schiedsrichter ist, die Karte nicht unter die Augen gehalten zu haben.
Streich wird es hinnehmen können, glaubt der Schalker Daniel Caliguiri, der vergeblich versuchte, seinen Ex-Trainer zurückzuhalten und vor dem Verweis auf die Tribüne zu bewahren. «Christian Streich ist ein toller und ehrlicher Mensch, der sich eben aufregt, wenn er sich ungerecht behandelt fühlt», sagte der Elfmeter-Schütze zum 1:0 (63.): «Aber er wird sich auch wieder beruhigen.»
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(dpa)