Freestyle-Zukunft steht auf dem Prüfstand

Pyeongchang – Die Zukunft von Ski-Freestyle in Deutschland steht auf dem Prüfstand. DSV-Sportdirektor Wolfgang Maier stellt die Perspektive der kreativen Disziplinen grundsätzlich infrage, sollten die öffentlichen Fördermaßnahmen nicht drastisch erhöht werden.

«Möchte man eine Sportart wie Slopestyle und Halfpipe international konkurrenzfähig entwickeln, ist ein Budget von etwa 600 000 bis 650 000 Euro per anno zu kalkulieren», sagte der Sportdirektor des Deutschen Skiverbands der Deutschen Presse-Agentur.

«Ein Bekenntnis zu den Disziplinen Slopestyle und Halfpipe verbunden mit dem entsprechenden Invest wäre der erste Ansatz.» Derzeit erhalte der DSV für die Freestyler nur 180 000 Euro öffentliche Fördermittel.

Auch in Pyeongchang hinkt Deutschland in den kreativen Disziplinen hinterher. Die jungen Sportarten stecken in den Anfängen und sind weit entfernt von Professionalität und Strukturen wie etwa im Biathlon oder Ski alpin. Es fehlt an Trainingsstätten. Eine Halfpipe in Deutschland gibt es noch immer nicht, das beklagen auch die Snowboarder. «Deswegen sind wir auch nur zweit- und drittklassig», sagte Maier, «wir können mit den zur Verfügung stehenden Mitteln, nur das Notwendigste leisten.» Reisen zu Wettkämpfen und Trainingsstätten in Übersee verschlingen Geld.

DOSB-Präsident Alfons Hörmann sieht das Potenzial und die Schwierigkeiten. «Ohne die Förderung des Bundes, also ohne bessere Unterstützung geht das schlichtweg nicht», sagte Hörmann. «Es gilt deshalb, auch dafür neue Formen der Unterstützung im Zuge der Reform zu finden. Da ist noch erheblich Luft nach oben.» Der 57-Jährige will aber auch keinem Trend folgen, der keine Zukunft hat.

Welche Bedeutung die jungen Sportarten inzwischen haben, zeigt ein Blick auf das Olympia-Programm. Von 102 Entscheidungen fallen 20 im Ski-Freestyle und Snowboard: in der Halfpipe, im Slopestyle, im Snowboardcross und im Skicross, wo noch deutsche Außenseiterchancen bestehen. Auf Skiern zudem im Sprung und auf der Buckelpiste, auf dem Snowboard auch beim Big Air und im Parallel-Riesenslalom.

Im Snowboarden hat Deutschland seit der Premiere vor 20 Jahren fünf Medaillen geholt. In Sotschi 2014 gewannen Anke Wöhrer und Amelie Kober im Parallel-Slalom Silber und Bronze. Der Parallel-Slalom ist nicht mehr olympisch. Die Hoffnungen ruhen jetzt auf dem Parallel-Riesenslalom mit Ramona Hofmeister.

Für die deutschen Ski-Freestyler sprang seit 1992 bislang nur eine Medaille heraus. 1998 in Nagano holte Tatjana Mittermayer Silber auf der Buckelpiste, eine Disziplin, die vom DSV inzwischen mangels Perspektive nicht mehr gefördert wird.

Geht es nach dem Sportdirektor im Ski-Freestyle, Heli Herdt, soll der Abstand bis zu den Spielen in Peking 2022 deutlich verkürzt werden. Herdt fordert ein Umdenken der Sportler mit der vollen Konzentration auf den Sport und gesteigertem Trainingspensum. Für die Aussicht auf Olympia-Erfolge soll die Zeit der Freigeister ein Ende nehmen.

«Am Anfang war es unsere Strategie, dass wir den Leuten viel Freiheiten lassen», sagte Herdt, «weil wir wussten, wenn wir unser Wissen überstülpen, dann verlieren wir den Sport total. Das gilt es jetzt zu drehen. Jetzt müssen wir schauen, dass wir die jungen Leute strukturiert an die Spitze führen.» Für Freestyler ist der Sport jedoch oft mehr als Wettbewerb und Medaillen, sondern eine Lebenseinstellung. Und die Winterspiele nicht immer das Nonplusultra.

Mit dem bürokratischen Verbandsbetrieb haben Athleten der Szene ihre Probleme, ein Beispiel ist Lisa Zimmermann. Die Weltmeisterin im Slopestyle von 2015 hätte Potenzial für eine Medaille. Sie ließ jedoch ihren Kreuzbandriss vom Februar 2017 nicht operieren und wurde nicht rechtzeitig fit. Mit dem Verband geriet sie deswegen in Zwist.

Fotocredits: Michael Kappeler
(dpa)

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