Fragen an Weinzierl statt Treueschwüre
Ingolstadt – Die verkorkste Schalker Bundesliga-Saison war gerade abgepfiffen, da formulierte Christian Heidel mit scharfer Stimme bereits seinen Forderungskatalog für den Neustart im August.
Ohne Europapokalbelastung stünden Trainer Markus Weinzierl und die gut bezahlten Fußball-Profis 2017/18 in der Pflicht, verkündete der Sportvorstand nach dem glücklichen 1:1 beim Absteiger FC Ingolstadt.
«Es gibt keine Ausreden mehr. Es muss geliefert werden. Das wird die Überschrift sein: Wir müssen besser Fußball spielen und eine ganz andere Bundesliga-Saison spielen», sagte Heidel. Platz zehn darf sich nicht wiederholen. Im Ingolstädter Sportpark kündigte Heidel eine knallharte sportliche Analyse an – gemeinsam mit dem Coach.
Weinzierl wird auf viele Fragen überzeugende Antworten geben müssen. Treueschwüre für den 42-Jährigen, der gemeinsam mit Heidel vor einem Jahr auf Schalke angetreten war, um den Europapokal-Dauergast besser zu machen, gab es vorab nicht. Allerdings antwortete Heidel auf die Frage, ob auch ein Trainerwechsel ein Resultat der internen Analyse sein könnte, deutlich: «Das ist für mich sehr, sehr schwer vorstellbar.» Weinzierl scheint eine zweite Chance zu erhalten.
In Ingolstadt bot Schalke nach einer guten Startphase mit dem Führungstor von Donis Avdijaj (2. Minute) ein Abziehbild der Saison. Es fehlt ein klarer spielerischer Plan, vor allem aber Konstanz. Nach zwei Foulelfmetern für Ingolstadt und der Roten Karte für Benjamin Stambouli (63.) stand am Ende ein glücklicher Punktgewinn.
Die Gastgeber konnten nur den ersten Strafstoß durch Pascal Groß verwandeln (41.). Den zweiten von Dario Lezcano hielt Ralf Fährmann (64.). «Wir sind froh, dass man auf diese Saison einen Deckel machen kann», sagte der mit Abstand beste Schalker. Der Torwart urteilte: «Wir haben es nicht verdient, in der Tabelle höher abzuschließen.»
Für einen personellen Umbruch sieht Heidel keine Veranlassung. «Es wird nicht so sein, dass zehn Spieler gehen und zehn kommen», sagte er. Abwehrspieler Sead Kolasinac, das verrieten seine Kollegen, wird jedoch ablösefrei gehen, vermutlich nach England zum FC Arsenal.
Den anscheinend vom FC Bayern umworbenen Nationalspieler Leon Goretzka will Heidel nicht ziehen lassen, jedenfalls nicht jetzt. Auch wenn der 22-Jährige, den Bundestrainer Joachim Löw gerade für den Confederations Cup in Russland nominierte, 2018 ebenfalls ohne Ablöse die Königsblauen verlassen könnte. «Wenn Leon geht, geht ein bisschen das Herz dieser Mannschaft», begründete Heidel pathetisch. Er könne sich «ganz wenig Szenarien» vorstellen, die zum Umdenken führen könnten. Heißt übersetzt: Viele, viele Millionen Euro wären dafür nötig. «Leon ist mit der wichtigste Spieler für Schalke.»
Das war Pascal Groß fünf Jahre lang für Ingolstadt. Gegen Schalke zählte der Mittelfeldspieler noch mal zu den Besten. Jetzt zieht der 25-Jährige weiter nach England zum Aufsteiger Brighton & Hove Albion. «Premier League ist noch mal richtig cool», sagte Groß.
Seine bisherigen Kollegen, zumindest die, die beim FCI bleiben, werden sich dem schweren Neuaufbau in der 2. Liga stellen müssen. «Wir möchten so viele Leistungsträger wie möglich halten», sagte Sportdirektor Thomas Linke. Trainer Maik Walpurgis will erst den Kader sehen, bevor er Versprechungen tätigt. «Vorher werde ich nicht den Wiederaufstieg ausrufen», sagte der 43-Jährige sehr deutlich.
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(dpa)