Fehlersuche im Auto mit dem Smartphone
München – Moderne Autos sind voll mit Elektronik. Eine Wartung beginnt heute nicht mit dem Schraubenschlüssel, sondern erst mal mit dem Computer. Die Software im Steuergerät überwacht Motor, Getriebe und Assistenzsysteme.
Mit dem Smartphone können Autofahrer viele Daten und Fehlermeldungen selbst auslesen. App aufspielen, Adapter aufstecken, Bluetooth aktivieren und sichtbar wird die Fahrzeugelektronik – eine Werkstatt für die Hosentasche.
Apps und sogenannte OBD-II-Adapter gibt es im Elektronikhandel und im Internet ab 30 Euro. On-Board-Diagnose 2 (OBD II) ist ein Diagnosesystem, das für Benziner seit 2001 und für Dieselautos seit 2004 Pflicht ist. Am Stecker, der meist auf der Fahrerseite an der A-Säule montiert ist, lassen sich die Adapter leicht einstöpseln. Damit erhält die Software Zugriff auf einen Großteil der Daten wie Öl- und Wassertemperatur, aber auch Wartungshinweise und Fehlercodes.
Wie verlässlich die Infos sind, hängt am Ende von der App und den Daten ab. «Angezeigte, weil hinterlegte Fehlercodes sind sicherlich valide, da sie genormt sind», sagt Gunnar Beer, Technik-Experte beim Auto Club Europa (ACE). Auch die Anzeigen von Kühlmitteltemperatur und Drehzahlen sind verlässlich. «Sie sind genauer als im Kombiinstrument, da die Daten direkt vom Steuergerät abgelesen werden.» Doch nicht alles ist auslesbar. «Abgasrelevante Steuergeräte sind fast immer erreichbar, denn hierfür gelten herstellerübergreifend einheitliche Codes für die dort abgelegten Fehlermeldungen», sagt Arnulf Thiemel vom ADAC. Bei Komfort- und Infotainment-Steuergeräten sehe es oft nicht so gut aus. Jeder Hersteller verwende seine eigene Protokollsprache. Die sei öffentlich meist nicht dokumentiert und so nur schwer verständlich.
Empfehlenswert sind Diagnose-Programme fürs Handy so eher für versierte Hobbyschrauber und Technikinteressierte, die mit den angezeigten Fehlern etwas anfangen und das Gefährdungspotenzial der angezeigten Fehler richtig einschätzen können. «Der Hobby-Bastler kann damit einen ersten Eindruck von den Fehlerspeicher-Einträgen erlangen», sagt Thiemel. Da man aber nur in die oberste Schicht der Steuergeräte vordringen könne, ersetzt eine solche Diagnose keinesfalls den Werkstatt-Besuch. «Zumal dort auch viel Erfahrung für die korrekte Interpretation der Fehlerspeicher-Einträge da ist.»
Auch Gunnar Beer vom ACE bleibt skeptisch: «Eine App ersetzt keinen versierten Fachmann.» Bei kritischen Fehlercodes muss nach wie vor eine Werkstatt aufgesucht werden. Denn in der Darstellung wird lediglich der Fehler beschrieben, nicht aber, wie er behoben werden muss. Stehe etwa im Fehlerspeicher «Lambdasonde unplausibles Signal», könne die Sonde defekt sein, der Kabelstrang Marderverbiss haben und das betreffende Steuergerät einen «Schuss» haben, so Thiemel. «Das erkennt nur der Fachmann, nicht aber der Laie.» Außerdem seien Fehlerspeicher-Einträge kein Garant dafür, die wahre Fehlerursache sofort zu finden. Vor allem, wenn ein Fehler im einen Bereich Auswirkungen auf ein ganz anderes Steuergerät hat.
Völlig gefahrlos ist das Ganze auch nicht: «Die OBD-Schnittstelle ist quasi der Nabel der Fahrzeugelektronik», sagt Beer. Tuner könnten darüber Motorkennfelder verändern oder verschiedene Länderspezifikationen setzen. Das wirke sich auf die Beleuchtung und viele andere Details aus. Generell sei es nicht ratsam, ständig die Schnittstelle anzuzapfen, die eigentlich nur für Werkstatt-Diagnosen und im Rahmen einer Hauptuntersuchung benutzt wird. Sämtliche Adapter-Hersteller wiesen darauf hin, dass sie für die Haftung bei Schäden beim Dauerbetrieb nicht zuständig sind.
Ungesetzliche Manipulationen und auch Schäden, ob kurz- oder langfristig, sind also durchaus denkbar. Auch Thiemel rät zur Vorsicht: «Wir haben schon Billig-Adapter ausprobiert, die während der Fahrt die Servolenkung lahmgelegt haben. So etwas kann gefährlich werden.» Die meisten Programme lassen eine oberflächliche Diagnose im Bereich der Motorsteuerung zu. Es gebe aber auch Profigeräte und Software, die in alle Bereiche des Autos schauen können. Die seien sehr teuer und rentieren sich für Privatkunden nicht.
Das Handy sollte auch als Diagnosegerät stets in einem Halter stecken. Wer es während der Fahrt in der Hand hält, riskiert 60 Euro Bußgeld und ein Punkt, so der Tüv Süd. Rechtlich bedenklich ist zudem das kurzzeitige Löschen von Fehlercodes für die HU oder vor dem Autoverkauf. Streng genommen komme das einer Täuschung gleich und eine Manipulation ist strafbar.
Fotocredits: Franziska Gabbert
(dpa/tmn)