FC Bayern nach Krimi erleichtert – Müller: «War verrückt»

München – Nach dem irrwitzigen Pokal-Krimi waren Robert Lewandowski und Co. vor allem erleichtert. Auch Trainer Niko Kovac musste nach dem schier unglaublichen 5:4 (1:2) des FC Bayern München im Viertelfinale gegen den krassen Außenseiter 1. FC Heidenheim kräftig durchatmen.

Der deutsche Rekordchampion wendete einen bösen K.o. im DFB-Pokal gegen den Zweitligisten in Unterzahl gerade noch ab – und das drei Tage vor dem Bundesliga-Kracher gegen Borussia Dortmund. «Ich weiß gar nicht, wie ich es einordnen soll. Dass wir nach einer 4:2-Führung wieder auf 4:4 gehen, kann uns nicht gefallen. Das muss man erstmal verdauen», sagte Thomas Müller und ergänzte: «Trotzdem war die zweite Halbzeit positiv, auch wenn es verrückt war. Dieses moralische Plus müssen wir für die nächsten Tage nutzen, den Arsch zusammenkneifen und gegen die Dortmunder gewinnen.»

Doch Dortmund war am Mittwoch plötzlich ganz weit weg. Denn von einem vermeintlichen Spaziergang waren die Bayern nach der frühen Roten Karte für Nationalspieler Niklas Süle (16. Minute) weit entfernt. Es entwickelte sich ein völlig verrückter Spielverlauf, der die 75 000 Zuschauer in der ausverkauften Allianz Arena von den Sitzen riss: 1:0, 1:2, 4:2, 4:4 hießen die Durchgangsstationen bis zum entscheidenden Tor von Lewandowski. Der eingewechselte Pole verwandelte in der 84. Minute einen Handelfmeter zum Happy End für die Bayern.

«Die ganz große Erkenntnis ist, dass wir vier Tore gekriegt haben gegen einen Zweitligisten. Das darf nicht passieren», monierte Nationalspieler Leon Goretzka. Anders fielen die Reaktionen auf der Gegenseite aus. «Wir sind stolz auf die Leistung. Nach dem 4:4 habe ich gedacht: Jetzt gewinnen wir. Dann hätten wir Geschichte geschrieben», sagte Heidenheims Trainer Frank Schmidt. Und tatsächlich war die Sensation so nah, als Sven Ulreich unmittelbar vor dem Münchner Elfmeter die Bayern vor dem 4:5 bewahrte.

Nach so einem Finale furioso hatte es Mitte der zweiten Halbzeit nicht mehr ausgesehen. Goretzka (12.), Thomas Müller (53.), erstmals Lewandowski (56.) und Serge Gnabry (65.) hatten die wankenden Münchner zwischenzeitlich 4:2 in Führung gebracht. Doch bei den Gästen, die nach dem Platzverweis von Süle ganz groß aufspielten, wäre der dreifache Torschütze Robert Glatzel (26./74./77., Foulelfmeter) in der Schlussphase fast zum Pokalhelden geworden. «Glatzel war in Überform», lobte Schmidt. Die 2:1-Pausenführung hatte für den Außenseiter Kapitän Marc Schnatterer erzielt (39.). Die Bayern ließen aber viele Kräfte vor dem BVB-Duell.

Nur in den ersten Minuten dieses Pokalfilms lief alles nach dem erwarteten Drehbuch. Nach einem Eckball von Joshua Kimmich köpfte Goretzka das 1:0. Das war’s dann wohl, dachten die meisten Zuschauer in der Arena. War es aber nicht, weil Nationalspieler Süle nach einem Fehlpass von Thiago in Robert Andrich rauschte und den Heidenheimer mit seinem Foul eine Großchance raubte. Schiedsrichter Guido Winkmann zog die Gelbe Karte. Er korrigierte aber nach Intervention des Video-Assisteten sein Urteil nach eigener Anschauung der TV-Bilder und zückte doch Rot.

Heidenheims Spezialist Schnatterer zirkelte den fälligen Freistoß aus 20 Metern an die Latte. Bayern-Coach Kovac musste handeln: Süles Position im Abwehrzentrum übernahm Jérôme Boateng, weichen musste bei dem taktischen Wechsel Franck Ribéry. Heidenheim erkannte die Gunst der Überzahl: Schnatterers präzise Flanke köpfte Glatzel freistehend ins Tor. Und es kam noch besser, die Gäste konterten die unsortierten Münchner blitzsauber aus. Sebastian Griesbeck servierte den Ball klasse auf Schnatterer. «Mister Heidenheim» überwand aus halbrechter Position Ulreich, der erneut den angeschlagenen Manuel Neuer im Tor vertrat. 1:2 – zur Pause schwebten die Bayern in großer Not. «Nach dem Start muss das Spiel anders laufen. Die erste Halbzeit war nach dem Platzverweis nicht gut von uns», sagte Müller.

Kovac ging nun wie beim Pokern «All-in». Er brachte die zunächst geschonten Offensiv-Asse Robert Lewandowski und Kingsley Coman. Vor allem der Einsatz des leicht erkrankten Lewandowski war ein Gewinn. Die Kopfballvorlage des Polen verlängerte Müller aus der Drehung volley ins Tor. Drei Minuten später war’s umgekehrt: Müller auf Lewandowski, Tor, 3:2. In Unterzahl hatte der Favorit das Spiel wieder gedreht. Gnabry legte nach. War’s das jetzt? Nein. Glatzel verkürzte. Und der Österreicher glich mit einem Elfmeter nach Foul von Mats Hummels an Maurice Multhaup sogar aus. Gnabry traf danach die Latte, Heidenheims Multhaup scheiterte frei vor Ulreich. Dann gab’s Elfmeter, und der nervenstarke Lewandowski rettete die Bayern.

Fotocredits: Sven Hoppe,Matthias Balk,Sina Schuldt,Sven Hoppe,Sina Schuldt,Matthias Balk,Sven Hoppe,Matthias Balk
(dpa)

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