«Ein Traum»: Augsburg feiert Juwel Córdova
Augsburg – Der gefeierte Retter des FC Augsburg widmete sein Premierentor nicht nur seiner Familie, sondern auch gleich seinen Landsleuten im wirtschaftlich so gebeutelten Venezuela.
«Ich bin sehr glücklich über mein erstes Tor in der Bundesliga. Das ist ein Traum», sagte Sergio Córdova. Der 20 Jahre alte Neuzugang belohnte die Augsburger mit seinem späten Tor zum 2:2 (1:2) für ihr unermüdliches Anrennen nach der Pause. «Es war mein erstes Tor. Ich hoffe, dass noch viele weitere folgen. Ich arbeite hart dafür.»
Vor dem Anpfiff jubelten die Augsburger Fans noch einmal Raúl Bobadilla zu. Der beliebte Angreifer, der für 2,5 Millionen Euro nach Gladbach zurückkehrte, aber gegen seinen Ex-Club nicht eingesetzt werden durfte, wurde von FCA-Geschäftsführer Stefan Reuter stilvoll verabschiedet. Keine zwei Stunden später feierten die fast 30 000 Zuschauer den möglichen Nachfolger: Sergio Córdova, 1,88 Meter groß, 79 Kilo schwer. «Es war super, dass er sich gleich mit dem ersten Tor belohnt», lobte Trainer Manuel Baum seinen erfolgreichen Joker.
Eine Million Euro überwies der FC Augsburg im Sommer für das neue Offensivjuwel an den Caracas Fútbol Club aus Venezuelas Hauptstadt. Ein Schnäppchen-Preis im internationalen Transferwahnsinn. «Er hat bei der U20-WM gespielt und vier Tore geschossen. Wir hatten aber schon vorher Kontakt zu ihm und seinem Berater», erzählte Reuter stolz. Vielleicht ist dem FCA ein echter Transfercoup geglückt.
Baum schwärmt vom neuen Hoffnungsträger, der nach einer Flanke des gemeinsam mit ihm eingewechselten Marcel Heller einen Augsburger Null-Punkte-Start abwenden konnte. «Bei einem Südamerikaner denkt man eher, dass er ein Laissez-faire-Typ ist. Das ist der Sergio überhaupt nicht.» Nein, Córdova sei «zielstrebig, lernwillig und wissbegierig». Er hocke sogar noch vor einem Spiel mit seinem Übersetzungsbuch in der Kabine. Als Fußballer sei Córdova schnell, technisch gut und aggressiv. «Das Gesamtpaket ist hervorragend», urteilt Baum.
Die Augsburger belehrten mit der wuchtigen zweiten Hälfte und zwei Toren – das erste erzielte Alfred Finnbogason nach 36 Sekunden – ihre Kritiker. «Viele haben uns schon jetzt abgeschrieben. Aber wir haben heute bewiesen, dass wir bestehen können in der Bundesliga», sagte der ablösefrei vom Absteiger Darmstadt 98 verpflichtete Heller.
Die Gladbacher mussten dagegen mit sich und ihrem Augsburg-Fluch hadern. Im siebten Versuch gelang wieder kein Sieg, obwohl die Borussen die erste Hälfte dominierten und sogar höher als 2:1 durch Neuzugang Denis Zakaria (7.) und Oscar Wendt (30.) führen konnten, ja mussten. Torgan Hazard verpasste das 3:1 bei einem Pfostenschuss.
Dieter Hecking ärgerte das, aber der Coach übte Nachsicht: «Das ist ein Lernprozess, den ich der Mannschaft zugestehe. Du gewinnst in der Bundesliga nicht irgendwo locker, nicht als Gladbach, nicht als Borussia Dortmund, nicht als Augsburg – vielleicht die Bayern, wenn sie irgendwann wieder bei 100 Prozent sind.»
Wohin der Gladbacher Lernprozess in dieser Spielzeit führen könnte, darauf ist auch Hecking gespannt. «Das Ziel ist klar: Wir wollen es besser machen als zuletzt mit Platz neun. Wenn meine Mannschaft so Fußball spielt wie in der ersten Hälfte, macht es Spaß, ihr zuzugucken», sagte Hecking und fügte nach einer Denkpause an: «Wohin das dann geht? Deutscher Meister werden wir, glaube ich, nicht.»
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(dpa)