Dreimal Gold, dreimal Mama: Aber US-Star Walsh will mehr
Rio de Janeiro – Als der letzte Ball der Kontrahentinnen ins Aus fiel, drehte sich Kerri Walsh Jennings wild hüpfend um die eigene Achse und umarmte ihre Partnerin April Ross.
«Es war wichtig, so ein Spiel nach großem Kampf zu gewinnen», sagte der US-Beachstar nach dem knappen Erfolg gegen Isabelle Forrer und Anouk Vergé-Dépré an der Copacabana. Die Schweizerinnen hatten der dreimaligen Olympiasiegerin Walsh Jennings zum Ende der Vorrunde sogar einen Satz abgenommen – für die Grand Dame des Beachvolleyballs war es erst der zweite Satzverlust bei ihrer vierten Olympia-Teilnahme am Strand.
Die 37 Jahre alte Walsh Jennings wirkt unter dem Zuckerhut motiviert wie eine 17-Jährige. «Es gibt hier nur ein Ziel für uns. Und wenn wir unser bestes Volleyball spielen, ist das vierte Gold möglich», erklärte Walsh. 2004, 2008 und 2012 hat sie mit ihrer ehemaligen Partnerin Misty May-Treanor das olympische Turnier im Sand jeweils gewonnen. In Sydney 2000 war sie mit dem US-Hallenteam dabei.
Ihr Bilanz ist einmalig und beeindruckend zugleich: Neben drei olympischen Goldmedaillen holte die in Manhattan Beach (Kalifornien) wohnende Walsh Jennings drei WM-Titel. Bei 115 Turnieren gelangen ihr 54 Siege. In 15 Jahren hat sie 1,4 Millionen Dollar Preisgeld gewonnen. Auch bei der Generalprobe im März diesen Jahres in Rio waren Walsh/Ross von niemanden im Grand-Slam-Feld zu stoppen.
Erst 2015 war die US-Athletin, die mit dem ehemaligen Beachvolleyballer Casey Jennings verheiratet ist, wieder auf die Welttour-Bühne zurückgekommen. Nach dem Karriereende von May-Treanor spielt sie mit der 34-jährigen Ross, die in elf Jahren auch schon fast eine Million Dollar eingespielt hat. Im Vorjahr musste Walsh Jennings an der rechten Schulter operiert werden. Bei der WM in Den Haag im Vorjahr war schon im Achtelfinale Schluss. Doch auch das steckte die 1,88 Meter große Blockerin weg.
Walsh Jennings liebt den besonderen Kitzel. «Mein Job motiviert mich, meine Partnerin beflügelt mich. Dieser Weg, die Besten zu werden, motiviert mich», sagte die erfolgreichste Beachvolleyballerin der Geschichte in Rio. «Ich habe Personen um mich, die mich besser machen und nach vorne bringen. Alles ist gut, das Gesamtpaket stimmt, ich habe eine tolle Familie, ich bin die glücklichste Frau der Welt.»
Dass die Mission viertes Gold im Mekka des Beachvolleyballs läuft, motiviert Walsh noch zusätzlich: «Es ist die Sportart Nummer zwei in Brasilien nach Fußball.» Doch die Weltmeisterinnen Agatha/Barbara und das zweite Brasilien-Duo, Larissa/Talita, wollen die vierte Krönung von Walsh verhindern. Sie sei «mental vorbereitet» auf die besondere Herausforderung an der Copacabana, betonte Walsh. Schon 2003 hat sie die Gastgeber vorgeführt und die WM am Zuckerhut gewonnen.
Mit dem deutschen Duo Laura Ludwig und Kira Walkenhorst ist Walsh/Ross zudem neue ernsthafte Konkurrenz erwachsen. Die Hamburgerinnen haben das US-Duo bei der Olympia-Ausscheidung Anfang Juni in ihrer Heimatstadt erstmals geschlagen. «Laura und Kira haben super gespielt», lobte Walsh nach der Niederlage.
Die Konkurrenz hat höchsten Respekt vor ihr. Nach der Geburt ihrer Söhne Joseph (2009) und Sundance (2010) sowie Tochter Scout (2013) hat sie sich immer wieder in die Weltspitze zurückgekämpft. «Den Spagat von Mutterschaft und Beruf werde ich nie perfekt hinbekommen. Aber ich liebe die Herausforderung», sagte die dreimalige Mama.
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(dpa)